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Dienstag

Weltkarte der Gewaltfreiheit / Weltkarte der Hoffnung - Ereignisse im 20. Jahrhundert



20. Jahrhundert, international

Um 1900 bewahrte Finnland seine Unabhängigkeit von Russland durch Gehorsams- und Kriegsdienstverweigerung - alle Männer verschwanden in den Wäldern...

1905 verhinderte ein Aufruf zur Kriegsdienstverweigerung einen Krieg zwischen Norwegen und Schweden

1909 wurde der spanische Krieg gegen Marokko abgebrochen, weil die Arbeitergemeinschaft (Aufruf Ferrer) in den Generalstreik trat

1906, Gandhi in Südafrika: erste bewusst gewaltfreie Aktionen (z.B. Passverbrennung); Januar 1908: Gandhi bildet dafür das neue Wort „satyagraha“ = „die Kraft, die aus Wahrheit und Liebe geboren wird“; 1913 Idee einer gewaltfreien Armee

1914 - der Eintritt Spaniens in den Ersten Weltkrieg wird durch eine Million Arbeiter verhindert

1918 weigern sich deutsche Matrosen, einen Verzweiflungskampf trotz Waffenstillstands auszuführen

1918 Gründung von SCI - Service Civil International: Jugendliche aus verschiedenen Ländern arbeiten gemeinsam in Friedensprojekten - »dann werden sie nicht aufeinander schießen«

1919 - die Besatzung von fünf Kreuzern der französischen Schwarzmeerflotte verweigerte den Dienst und verhinderte damit den Angriff Frankreichs auf die Sowjetunion

1919 Weigerung englischer Arbeiter, ein Schiff (»JolIy George«) mit Munition für Polen zu beladen

Seit 1919: Der von Gandhi in Indien initiierte Massenwiderstand gegen die englische Kolonialmacht umfasste außer Fasten und fantasievollen Aktionen (z.B. Salzmarsch) vor allem auch Abbau des Kastenwesens und Aufbau von Unabhängigkeit durch Selbstversorgung

1920 Generalstreik und viele Formen der Verweigerung von Zusammenarbeit verhinderten den Erfolg des „Kapp-Putschs" und damit den Sturz der Weimarer Republik

1920 Krieg zwischen England und Russland wurde verhindert, weil die englische Arbeiterschaft den Waffentransport verweigerte und mit Generalstreik drohte

1920 Oberschlesien - Verhinderung eines Munitionstransports durch die Arbeiterschaft während des russisch-polnischen Krieges

1923 "Ruhrkampf: durch den unbewaffneten Widerstand gegen die belgische und französische Besatzung wurde das Rheinland nicht von Deutschland abgespalten; die Truppen konnten die Kohlelieferung (Kriegsreparationen) nicht erzwingen

1934 »Bleib-drin-Streik«: 1934 fasten mehr als 1000 Bergarbeiter in ihrer Mine in Pécs (Ungarn)

1950 Helgoland als Abwurfziel für britische Bombardierungsübungen, wird seit 1950 von verschiedenen Gruppen, darunter 99 Jugendlichen, wochenlang besetzt. Die Briten geben die Insel frei

1950 Landschenkungsbewegung in Indien: Vinoba Bhave erreichte Anfang der 1950er Jahre eine freiwillige Umverteilung großer Landmengen an die Ärmsten und die gesetzliche Aufhebung des Großgrundbesitzes

Seit 1950 Tibet: konsequent gewaltfreier, spiritueller Widerstand gegen chinesische Besetzung

Ab 1952 Sit-ins und Go-ins: Schwarze besuchen Orte die für Schwarze damals verboten waren, z.B. verbotene Amtsgebäude als Aktion für Rassengleichheit, 1952 in Südafrika, 1960 in den Buckinghampalast

1958 Beginn der Ostermarschbewegung

1958 Sahara: Wüstenfahrt stoppte geplanten Atombombentest

1958 Japan: Hafenarbeiter von Yokohama weigern sich, ein Schiff mit Schweizer Raketen zu entladen

1958 Schiffsfahrten im Südpazifik gegen Atombombentests

1959 Bootsfahrt des „Comitee for Nonviolent Action" in die Atomsperrzone im Südpazifik

Seit 1960 Landrechtsbewegung im Inselstaat Vanuatu: Landbesetzungen gegen den Landraub der französischen Kolonialherren. 1981: die Unabhängigkeitsbewegung verbietet einem atomwaffenbestückten Schiff das Anlegen

1965 Zehntausend Japaner besetzen ein Ackerland bei Tokio, das als US-Flugplatz für 11-Bomber vorgesehen ist

1970 Gründung von "Wahat al-Salam / Neve Shalom" – Dorfprojekt "Oase des Friedens" in Israel, in dem jüdische und palästinensische Jugendliche zusammenwohnen, mit Friedensschule, Begegnungsprogramm

1971 „Green ban": australische Arbeiter verhinderten durch organisierte Arbeitsverweigerung 42 umweltzerstörende Großbauprojekte, u.a. ein Atomkraftwerk bei Melbourne

1973 „Chipko"-Bewegung: Anfang des Jahrhunderts umarmten Inder*innen (hauptsächlich Frauen) Bäume, um sie vor dem Fällen zu bewahren - 1980er Jahre Wiederaufleben dieser Tradition

1977 Australien: Gewerkschafter stoppen Urantransporte, indem sie sich auf die Bahnschienen legen

1979 Iran: Sturz des Schahregimes im Wesentlichen durch unblutige Unruhen und Generalstreik

1981 Südpazifikinsel Belau: erste atomwaffenfreie Verfassung der Welt (US-Bestechungsgelder an die Bewohner, damit sie dagegen stimmten - die nahmen das Geld und stimmten trotzdem dafür...)
Der Bau der chinesischen Atombombe wurde jahrelang verhindert durch ein internationales Netzwerk für die atomtestgeschädigte Südsee-Bevölkerung

1985 Australien, Regenwaldabholzung: vor Baggern graben sich Umweltschützer bis zum Kopf in Erde ein

Indianischer Überlebenskampf gegen radioaktive Verseuchung, Vertreibung und Ausrottung hat vielfältige juristische, kulturelle und spirituelle Formen

1985 Neu-Kaledonien: Einwohner gehen unbewaffnet auf die Truppen der französischen Kolonialmacht zu, nehmen ihnen die Gewehre ab und zerbrechen sie über dem Knie

1986 Philippinen: der überraschende Sturz des Diktators Marcos wurde durch Einübung gewaltfreier Methoden und Aktionen vorbereitet

1986 Silent Valley in Kerala (Indien): Aktionen vieler engagierter Gruppen bewahrten 1000 ha tropischen Wald vor Vernichtung durch einen Staudamm

1986 Ostindien: bei Baliapal sperrt die Bevölkerung ihr Gebiet für Regierungsvertreter, damit es nicht zum 'Nationalen Testgelände für Raketen' wird. Sie hält den Regierungschef 10 Stunden fest; fängt einen Offizier, der vom Meer her eindringen will, und versucht, einen eigenen Staat mit Selbstversorgung aufzubauen

1987 Aktion „Schwarze Flut": Die Bewohner Neu-Kaledoniens besetzen ihren eigenen Strand, der bis dahin Weißen vorbehalten war

Grönland: sogar im „ewigen Eis" gewaltfreie Aktionen gegen Naturzerstörung - z.B. Hundeschlittenblockade...

In Tasmanien wurde ein landschaftszerstörendes Wasserkraftwerk verhindert

1991 Madagaskar wird durch CODAG und 'Forces vives' von Diktatur befreit

Trotz der Apartheid und Kämpfen in Südafrika bildete sich eine Lebensgemeinschaft von Schwarzen und Weißen: die „Broken Wall Community"

1991 Burkina Faso: erste freie Wahlen und Entmachtung des Militärregimes
62 Völkerschaften in Burkina Faso leben friedlich zusammen durch traditionelle Methode „Rakiiere" (scherzhaftes Schimpfen)

1994 Ende der Apartheid in Südafrika (Nelson Mandela)

1996 Stopp der Atomtests im Mururoa-Atoll durch Greenpeace

Sammlung von Ereignissen in Deutschland
Sammlung von Ereignissen in Europa
Sammlung von Ereignissen in Nordamerika
Sammlung von Ereignissen in Lateinamerika

Freitag

Gewaltfreiheit wirkt! - 60 gewaltfreie Siege aus den vergangenen hundert Jahren

Gewaltfreiheit wirkt!
60 Erfolge gewaltfreien Handelns aus den vergangenen hundert Jahren

Das Folgende ist eine Auswahl besonders berichtenswerter Beispiele gewaltfreier Aktionen. Allerdings ist Gewaltfreiheit bei näherer Betrachtung ganz normal. Im täglichen Leben – wie auch zwischen Staaten – werden Streitigkeiten üblicherweise gelöst, ohne auf Gewalt zurückzugreifen. Erinnern wir uns also daran: Gewalt ist die Ausnahme – Gewaltfreiheit ist die Regel.

1. Transvaal, Südafrika 1907-14 – Gandhi führt eine Kampagne für die Rechte der Inder in Transvaal zum Erfolg, indem er sich weigert, ungerechte Gesetze und Einschränkungen einzuhalten.

2. Brasilien 1910 – Friedenschluss zwischen europäischen Siedlern und dem Stamm der Chavantes. Beim ersten Versuch wurden 25 unbewaffnete Freiwillige, die General Rondon geschickt hatte, umgebracht. Beim zweiten Versuch wurde Frieden erreicht.

3. England 1915-18 – die Standhaftigkeit der Kriegsdienstverweigerer im Ersten Weltkrieg, selbst vor der Bedrohung, in Frankreich an der Front exekutiert zu werden, erbrachte ihnen das verbriefte Recht, nicht töten zu müssen.

4. Indien 1918-47 – neben vielen anderen gewaltfreien Kampagnen gegen die britische Herrschaft wandte sich Gandhi gegen die Salzsteuer und führte 1930 einen symbolischen Marsch ans Meer, um Salz selbst herzustellen. Die Briten reagierten häufig mit brutaler Gewalt gegen den gewaltfreien Aufstand, aber 1947 wurde die Unabhängigkeit erlangt.

5. Ruhrgebiet, Deutschland 1923 – passiver Widerstand gegen französische und belgische Besatzung verhinderte den Abtransport von Kohle, wie er als Reparationsleistung von Deutschland gefordert wurde.

6. Nordwest-Grenzprovinz, Indien 1929 – Abdul Ghaffar Khan bildete aus den traditionell ungezügelten Paschtunen eine große disziplinierte gewaltfreie Armee, die der britischen Herrschaft widerstand.

7. England 1932, massenhafte Übertritte auf gesperrtes Land führten im nordenglischen Hügelland (Peak District) zunächst zu Verhaftungen, dann zur Bewegung für Zugangsrechte zum britischen Moor.

8. Liberia 1932 – das Land war vom Bürgerkrieg zerrissen. Ein Vermittler des Völkerbundes war in der Lage, die Wurzel des Problems zu erkennen, die Krieg führenden Stämme zu entwaffnen und den Konflikt zu beenden.

9. Norwegen 1942 – Lehrer weigerten sich mit dem pro-nationalsozialistischen Quisling-Regime zusammenzuarbeiten. Viele von ihnen wurden /inhaftiert / in Konzentrationslager gebracht. Doch schließlich wurde die Verpflichtung, in den Schulen die Nazidoktrin zu unterrichten, zurückgenommen. Ausführlicher Bericht zu diesem Ereignis

10. Dänemark 1943 – SS Truppen schafften es nicht, die weit verbreitete Nicht-Bewegung der Nichtzusammenarbeit und Streiks gegen die Nazibesetzung zu stoppen. Fast alle 7000 jüdischen Bürgerinnen und Bürger wurden durch die widerständige Bevölkerung Dänemarks gerettet.

11. Berlin, Deutschland, 1943 – „Arische“ Ehefrauen deutscher Juden erreichten die Freilassung ihrer Ehemänner durch andauernde Mahnwachen vor dem Gebäude in der Rosenstraße, in dem die Männer festgehalten wurden.

12. Bulgarien 1943 –Leiter der orthodoxen Kirche in Bulgarien widersetzten sich während des Zweiten Weltkriegs erfolgreich der Deportation von Juden.

13. Guatemala 1944 – Diktator General Ubico wurde durch friedliche Studentendemonstrationen sowie durch Streiks, die die Hauptstadt lähmten und der Polizeigewalt trotzten, gestürzt.

14. Workuta, UdSSR, 1953 – ungefähr 250.000 politische Gefangene wurden in Lagern gehalten und gezwungen, unter schrecklichen Bedingungen in den Kohlebergwerken zu arbeiten. Die Gefangenen streikten und blieben trotz blutiger Vergeltungsmaßnahmen standhaft, bis man die Bedingungen verbesserte.

15. Alabama, USA 1955 – nachdem sich Rosa Parks geweigert hatte, in einem Bus mit Vorrangplätzen für Weiße ihren Sitzplatz aufzugeben, begann in Montgomery die Kampagne für Gerechtigkeit in Rassenfragen mit einem Busboykott, der ein Jahr dauerte.

16. Sizilien, Italien 1956 – Danielo Dolci organisierte einen ‚umgekehrten Streik‘, um auf die mittellosen Menschen aufmerksam zu machen. Arbeitslose stellten ihre Arbeitskraft kostenlos zur Verfügung und bauten Straßen, obwohl die Behörde am Ort widersprach.

17. Nagaland, Indien 1964 – Kirchenführer stellten sich an die Spitze von Versuchen, eine friedliche Lösung in Auseinandersetzungen mit den indischen Regierungstruppen zu finden.

18. Zypern 1964-74 – rund 10 Jahre hielten UN Blauhelme den Frieden zwischen türkischen und griechischen Zyprioten aufrecht (und wiederum nach der Teilung der Insel): eine ihrer mehr als 50 Friedensmissionen.

19 Kalifornien, USA 1965 - 70 – César Chávez, ein christlicher Community Organizer, führte Gewerkschaften unter den ausgebeuteten Wanderarbeitern ein. Ein nationaler und internationaler Weintraubenboykott bewegten die Anbauer dazu, sich auf Verhandlungen für bessere Arbeitsbedingungen einzulassen.

20. Nordirland 1968-1998 – obgleich die gewaltfreie Kampagne für Bürgerrechte durch paramilitärische Gewalt sabotiert wurde, konnte die stille Arbeit der Corrymeela Gemeinschaft und ähnlicher Gruppen Brücken über die Grenzen der Konfessionen hinweg bauen und so den Weg zu einem Waffenstillstand und einer Beilegung der Kämpfe bahnen.

21. Ahmedabad, Indien 1969 – Shanti Sena Friedensbrigaden stellten sich in Krawallen zwischen Muslime und Hindus und erreichten nach 4 Monaten geduldiger Versöhnungsarbeit Frieden.

22. Larzac Hochebene, Frankreich 1970-1981 – Demonstrationen, auch mit Schafherden in Paris unter dem Eiffelturm, brachten die Regierung dazu, ihre Pläne zur Ausdehnung eines Truppenübungsplatzes über das ganze Weideland zurückzunehmen.

23. Culebra, Puerto Rico 1971-1975 – Einwohner besetzten ein Schießübungsgelände der US Marine, stellten eine als Symbol geltende Kapelle wieder her und störten Militärübungen, bis die Insel als Zielgebiet aufgegeben wurde.

24. Baltimore, USA 1971 – (a) Kanus mit Friedensleuten aus Philadelphia stoppten ein Schiff, das Waffen für den Krieg nach Pakistan bringen sollte. Die Küstenwache half zwar die Blockade zu durchbrechen, aber die erzielte Öffentlichkeit führte dazu, dass die Waffenlieferungen gestoppt wurden. Eine ähnliche Taktik wurde genutzt (b) in Neuseeland 1976-1984, wo ein „Friedensgeschwader“ atomgetriebene Schiffe daran hinderte, in den Hafen von Auckland einzufahren, und (c) in Australien 1989-90 gegen den Import von Holz aus dem Regenwald, der dann reduziert wurde.

25. Vorgebirge des Himalaya, Indien 1972 – „Treehuggers“ (Menschen, die Bäume umarmen) aus 200 Dörfern verhinderten mit einer Reihe von Aktionen am Ort die Abholzung und Holzauktionen.

26. Whyl, Deutschland 1974 – Leute aus der Gegend besetzten den für ein Atomkraftwerk vorgesehenen Bauplatz länger als ein Jahr lang und verhinderten so den Bau – endgültig.

27. Sao Paulo, Brasilien 1974 – als Arbeiter einer Zementfabrik, denen ihr Lohn vorenthalten wurde, zu streiken begannen, wurden sie als Kommunisten diffamiert. Ihre über 7 Jahre andauernde Auseinandersetzung im Dialog mit den Eigentümern sorgte für viel Öffentlichkeit. Als schließlich Fahrer als Streikbrecher damit drohten, Streikende zu überfahren, schritt die Polizei ein. Die Arbeiter erhielten ihren Lohn.

28. Tschechoslowakei 1977 – die Charta 77 für Menschenrechte zu unterschreiben, erforderte viel Mut, führte aber 1989 zur „samtenen Revolution“ und der Wiederherstellung der Demokratie.

29. Buenos Aires, Argentinien 1977-1983 – die Mütter von der Plaza de Mayo, deren Kinder entführt worden waren, ignorierten Bedrohungen und hielten eine wöchentliche Mahnwache aufrecht, die Menschenrechtsverletzungen sichtbar machte und dabei half, Demokratie herzustellen.

30. Alagamar, Brasilien 1980 – Zuckerbarone eigneten sich Land an. Die Enteigneten kehrten zurück, um für den Eigenbedarf anzubauen, doch wurde es vor der Ernte ausgerissen. Die öffentliche Meinung unterstützte die Kleinbauern und die Regierung gewährte ihnen in großem Umfang Land.

Polen 1980-1989 – Solidarność, die Gewerkschaft die bei dem Streik auf einer Danziger Werft entstand, benutzte religiöse und nationale Gefühle, um eine Opposition aufzubauen und die kommunistische Regierung gewaltfrei zu stürzen.

32. Ungarn 1980-1989 - der schrittweise Wandel von einer totalitären zu einer demokratischen Regierung führte zu den Grenzöffnungen und der Kommunismus stürzte wie ein Soufflé in sich zusammen.

33. Niederlande 1982 – eine Volksbewegung von 400.000 Menschen demonstrierte gegen die Stationierung von Cruise Missiles.Keine wurden dort aufgestellt.

34. Nicaragua 1983-1990 – fast 4.000 Menschen aus US-amerikanischen Friedensgruppen kamen als „Zeugen für den Frieden,“ um in Dörfern zu leben, die von Angriffen der Contra Guerilla bedroht waren, die ihrerseits von den USA bewaffnet und trainiert wurden.

35. Philippinen 1986 – unter atemraubender Anspannung widersetzten sich Massen von Zivilisten drei Tage lang dem Militär, zogen es schließlich auf ihre Seite und erreichten so nach 13 Jahren Kriegsrecht den Sturz von Diktator Marcos. Ausführlicher Bericht zu diesem Ereignis

36. Baltische Republiken 1988-1991 – Litauer, Letten und Esten nahmen an der 600 km langen Menschenkette teil, die ihre drei Hauptstädte verband. Als sich Litauen für unabhängig erklärte, schickte die Sowjet-Union Panzer, aber die Menschen blieben standhaft ohne zu Gewalt zu greifen, und die Truppen zogen schließlich ab. In Estland sammelten sich große Menschenmassen in Riga und sangen traditionelle estnische Volkslieder (die in der Sowjetunion verboten waren): die „singende Revolution“. Alle drei Staaten erzielten ihre Unabhängigkeit ohne Gewalt.

37. Ostdeutschland 1989 – Gebetsversammlungen, die seit 1981 in der Leipziger Nikolaikirche abgehalten wurden, breiteten sich über das Land aus und die kommunistische Regierung wurde zum Rücktritt gezwungen, was den Weg zu freien Wahlen öffnete. Es gab kein Blutvergießen.
Ausführlicher Bericht zu diesem Ereignis

38. Kasachstan 1989-1991 – Großdemonstrationen und politische Lobbyarbeit gegen ein Atomtestgelände führten zum Teststopp und zur Schließung des Geländes.

39. Mosambik 1989-1992 – die in Rom ansässige Gemeinschaft Sant‘Egidio, die aufgrund ihrer humanitären Arbeit Vertrauen genießt, konnte eine Vereinbarung zwischen RENAMO und FRELIMO Streitkräften vermitteln, die einen 10-jährigen Krieg beendete.

40. Mongolei 1990 – 6-monatige Streiks, Hungerstreiks und öffentliche Aktionen zwangen ein Regime von Hardlinern in Richtung Demokratie, Pressefreiheit und Wirtschaftsreformen.

41. Südafrika 1990 – Nelson Mandela gab Südafrika dank seiner Haltung der Vergebung am Ende der Apartheid Hoffnung auf eine friedliche Zukunft. Das Apartheidregime als solches war schon durch Boykotte außerhalb und innerhalb des Landes gegen Sportveranstaltungen, Investitionen und anderes erschüttert.

42. Russland 1991 – das Volk in Moskau widerstand einem Militärputsch gegen Präsident Gorbatschow, indem es sich Panzern entgegen stellte und das Militär auf Abstand vom russischen Parlament hielt.

43. Thailand 1991-1992 – nach der Machtergreifung durch das Militär führte das Beten und Fasten von Mönchen nach sieben Monaten zu Großdemonstrationen, so dass anstelle militärischer Repression doch wieder demokratische Regeln eingeführt wurden.

44. Mali 1991-1996 – gewaltsame Konflikte zwischen bewaffneten Tuareg sowie arabischen Gruppen und der Regierung wurden durch ausgedehnte Verhandlungen zwischen den Gemeinschaften in örtlichen Gesprächsrunden gelöst.  Dann wurden bei einem feierlichen Freudenfeuer Waffen verbrannt.

45. Somalia 1991-2000 – interne kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Stämmen wurden dadurch unterbrochen, dass Frauen sich auf die jeweils andere Seite begaben, so Spannungen abbauten, für die Freilassung von Geiseln sorgten, Hilfslieferungen und Demobilisiserungsprogramme organisierten und einen Friedensprozess vorbereiteten.

46. Ecuador 1992 – Tausende von Stammesangehörigen marschierten vom Oberlauf des Amazonas nach Quito und kampierten drei Wochen lang im Park. Die Regierung gewährte ihnen förmlich Eigentum über mehr als 4000 Quadratmeilen ihrer angestammten Heimat.

47. USA 1993 – Kirchen brachten schwarze und weiße Anführer von Jugendbanden zu einem Treffen in Kansas City zusammen, indem sie ihnen die Aussicht auf Gemeinschaftsaufbau anboten.

48. Ghana 1994-1996  – die Nairobi Peace Initiative erreichte eine Lösung für den mit Waffen ausgetragenen ethnischen Konflikt zwischen den Völkern Nordghanas.

49. Peru/Ecuador 1995-1998 – ein amerikanisches Konfliktmanagement-Team vermittelte eine friedliche Lösung für den Grenzkonflikt, der seit 1884 34mal zu Kämpfen geführt hatte.

50. Uganda1998 – Die Acholi Religious Leaders‘ Peace Initiative arbeitete für ein gewaltfreies Ende bewaffneter Konflikte, trainierte Freiwillige in Mediation und unterstützte Überlebende des Bürgerkriegs zwischen der ‚Lord’s Resistance Army‘ und den Regierungstruppen.

51. Australien 1998 – Die ‚Sorry Book‘-Kampagne sammelte von tausenden Australiern Unterschriften, um für frühere Menschenrechtsverletzungen gegen die eingeborene Bevölkerung um Entschuldigung zu bitten.

52. Serbien 1998-2000 – von Studenten angeführte Demonstrationen in Belgrad, unter Nutzung von Graffitis, Humor und Mobiltelefonen bewirkten den Sturz von Präsident Milošević, der sich geweigert hatte, seine Wahlniederlage zu akzeptieren.

53. Palästina Israel 2001 – fünf israelische Frauen begannen, Kontrollpunkte, die die Bewegungsfreiheit der Palästinenser kontrollieren sollen, zu überwachen. Zunächst als unpatriotisch abgetan, gehören inzwischen einige hundert Beobachterinnen zu Machsom / CheckpointWatch, die in Schichten das Verhalten von Soldaten und Polizei beobachten, für den Schutz der Bürgerrechte der Palästinenser sorgen und ihre Beobachtungen an die Öffentlichkeit bringen.

54. Nigeria 2002 – 150 Frauen aus den Dörfern brachten eine Erdölproduktionsstätte für 10 Tage zum Erliegen, indem sie von Booten aus mehrere Pipeline-Köpfe von Chevron Texaco besetzten. Mit der Drohung, sich auszuziehen, falls sie entfernt würden, verlangten die Frauen von der Ölgesellschaft Arbeit und verbesserte Bedingungen in den Dörfern.

55. Liberia 2002-2006 – Blockaden und Sitzstreiks einer Koalition christlicher und muslimischer Frauen brachten die Männer dazu, über das Ende eines jahrzehntelangen Bürgerkriegs zu verhandeln. Sie mobilisierten erfolgreich Unterstützung für die erstmalige Wahl einer Frau als afrikanisches Staatsoberhaupt.

56. Ukraine 2004 – aus umfangreichen öffentlichen Proteste gegen eine korrupte Wahl und Neuwahlen geht die ‚orange Revolution‘ hervor.

57. Palästina Israel 2005 - Bewohner von Bil’in entschieden sich, für den Widerstand gegen die Enteignung ihres Landes, auf dem illegale israelische Siedlungen und die Trennmauer gebaut werden sollten, für eine gewaltfreie Vorgehensweise. Sie erreichten einen Beschluss des Obersten Gerichts Israels, wonach die Streckenführung der Trennmauer verändert werden musste. Ihrer andauernden wöchentlichen Mahnwache an der Trennmauer begegnet das Militär mit Gewalt.

58. Guatemala 2007 – junge Stelzenläufer nutzten Zirkuseinlagen und Straßenkarneval um das Klima der Gewalt, das von brutalen Jugendbanden ausging, zu verwandeln.

59. Thailand 2008 – Tausende von Demonstranten gegen die Regierung brachten Bangkoks Flughafen für acht Tage zum Erliegen. Die Machtprobe endete, als ein Gericht die Regierungspartei auflöste und den Premierminister wegen Wahlbetrugs von öffentlichen Ämtern ausschloss.

60. Pakistan 2009 – Großdemonstrationen und ein Marsch auf Islamabad, angeführt von den Rechtsanwälten des Landes, zwang den Präsidenten dazu, den Obersten Richter wieder in sein Amt einzusetzen, der 2 Jahre zuvor ohne Begründung von der Militärregierung abgesetzt worden war.


GEWALTFREIHEIT IST NORMAL
GEWALT IST DIE AUSNAHME

Diese Beispiele aktiver Gewaltfreiheit zeigen, dass in der ganzen Welt Menschen das Potenzial der Gewaltfreiheit erkannt haben, wenn es darum geht, sich gegen Unrecht einzusetzen und Veränderungen zu bewirken. Einige von ihnen bestanden aus einer kurzen Episode oder Kampagne, andere erforderten enormes Durchhaltevermögen und viele kleine Schritte über einen langen Zeitraum, bis der Wandel eintrat. Gewaltfreiheit bietet keine Patentlösung.

Fehlschläge? Erfolge gewaltfreier Aktion sind nicht wie Märchen
Sie enden auch nicht öfter „glücklich und zufrieden bis ans Lebensende“, als wenn Gewalt angewendet wurde. Die Bevölkerung muss andauernd wachsam bleiben und gewaltfreie Aktionen müssen möglicherweise wiederholt werden, wie es etwa 2001 in den Philippinen der Fall war. Gelegentlich hat der Erfolg nur eine kurze Lebensdauer, weil die neue Situation, die sich aus einer gewaltfreien Kampagne ergibt, zu neuer Gewalt führt (wie etwa nach der indischen Unabhängigkeit mit Teilung des Landes).

Viele gewaltfreie Aktionen, wie etwa die Studentenproteste am Tiananmen Platz 1989 in Peking, hatten keinen Erfolg, veränderten aber das öffentliche politische Bewusstsein. Andere Kampagnen haben die Bewusstheit von Gefahren, Ungerechtigkeiten und Problemen verbessert, die beispielsweise von Atomwaffen, Straßenbau, genmanipulierten Lebensmitteln, Frauenbenachteiligung, Waffenhandel usw. ausgehen.

Lernen, wie Gewaltfreiheit wirkt
Eine bedeutsame Entwicklung des vergangenen Jahrhunderts war die Verbreitung von Programmen zur Ausbildung in der Konfliktbearbeitung und dem Friedenstiften in Schulen, Kirchen, Gemeinschaften und zwischen Staaten. Quäker und Mennoniten haben diese Entwicklung vorangetrieben. Die Universität Bradford hat eine große Fakultät für Friedensstudien, die Studenten aus aller Welt anzieht.

In seinen Büchern zählt der amerikanische Wissenschaftler Gene Sharp fast 200 Methoden gewaltfreier Aktion auf, um Gerechtigkeit und den Sturz von Unterdrückern zu erreichen oder sich für Umweltbelange einzusetzen. Jesus zeigte bereits vor 2000 Jahren die gewaltfreie Art auf, sich den Mächtigen entgegen zu stellen, Ungerechtigkeiten aufzudecken, dabei Regeln zu brechen, um eine herrschende Kultur herauszufordern und Menschenwürde zu reklamieren: Lieber selbst leiden, als gewaltsam zurückzuschlagen. Dieser Ansatz konnte über viele Jahre hin fantasievoll vielfältig weiterentwickelt werden. Die Grundidee bleibt die gleiche: Unterdrückte nehmen sich ihre Macht zurück und nutzen sie, wobei sie dem Unterdrücker wohlwollend-gerecht die Möglichkeit anbieten, auf ihre Seite zu wechseln.

Gewaltfreiheit wirkt!
Erstveröffentlichung 2010 durch die Baptist Peace Fellowship, den britischen Versöhnungsbund und die britische Sektion von Pax Christi.
Original in englischer Sprache
Redaktion der deutschen Übersetzung: Martin Arnold 2018