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Samstag

Im U-Bahn Tunnel

Ich kam gerade aus der U-Bahn und ging meinen Weg nach oben. Wie immer ein etwas längerer Tunnel, durch den die FußgängerInnen gehen müssen, um nach oben zu gelangen.
Ich komme an zwei Leuten vorbei: ein Mädchen und ein Mann bei ihr. Wie sie zueinander standen, war unklar. Doch mir war ein wenig mulmig. So drehte ich mich nach ca. 20 Metern nochmal um und schaute zurück. Das Mädchen wurde von dem Mann angesprochen, und noch war die Situation uneindeutig. Doch als ich blieb und eine Weile beobachtete, sah es nach Streit aus, und das Mädchen fing an zu schreien:  "Laß mich!".
Nun ging ich wieder zurück. Ich ging direkt auf die beiden zu und sagte zu dem Mann in meiner festen, klaren und lauten Art:  "Du läßt sie jetzt sofort los!"
Es war nicht aggressiv, nur äußerst deutlich.
Er zeigte einen harten Blick. Ich war mir nun selbst unsicher und meinte schon: Vielleicht holt er gleich ein Messer hervor. Doch ich hielt einfach seinem Blick stand. Dann ging ich wieder; und als ich mich noch einmal umdrehte, war auch er gegangen und hatte das Mädchen losgelassen. Es hatte also anscheinend etwas genützt.



(Quelle: Ute Delor, Freiburg)

Kleine Frau - ganz groß!

Eine junge Frau, kaum einen Meter sechzig groß, von beinahe kindlicher Zerbrechlichkeit, wurde von einem Jungen in einer verlassenen U-Bahn-Station gegen eine Mauer gedrückt. Er wollte offensichtlich beweisen, daß er "Charakter" hatte. Er war nicht älter als zehn oder zwölf Jahre, aber größer und breiter als sie. Auch war er bewaffnet. Als er ein kleines Taschenmesser an ihre Kehle hielt, fühlte er sich so stark und mächtig wie zehn Fernsehhelden. Sie stand ruhig, sah ihn mit glühenden Augen an, beleidigt durch seine Berührung.
"Du hast Angst vor mir, nicht wahr?", freute er sich.
Aber sie war eher wütend als erschrocken; und sie schnauzte in seinem eigenen Sprachgebrauch zurück:  "Ja, ich habe ja eine solche Angst!"
"Wenn ich an Deiner Stelle wäre, hätte ich wohl Angst."
Er bewegte das Messer vor ihren Augen hin und her. Sie fügte noch ein grobes Wort hinzu. Da fiel seine jämmerliche Maske, und sein Spiel ging zu Ende. Er hatte gedacht, daß sie vor ihm zusammenbrechen würde, heulen oder betteln wie ein wimmernder Hund. Aber so gewann er daran keinen Spaß, kein Gefühl von Macht und Herrschaft, keine Phantasie von persönlicher Übermacht und Wichtigkeit. Mit einem Knurren drehte sich der Junge um und lief vom Bahnsteig weg.



(Quelle: Dorothy T.Samuel, zitiert aus: Han Horstink, s.o.2., S.44)

Donnerstag

Neunjähriges Mädchen stoppte rassistische Gewalt in der U-Bahn

„In der U-Bahn in Essen ereignete sich dieser Vorfall. Es war vor zwei oder drei Jahren Mitte August in der Nähe der Haltestelle Viehofer Platz an einem Nachmittag gegen 17 Uhr: Die Bahn war recht voll. Zwei Kerle, 19 bis 20 Jahre alt, waren drauf und dran, einen Afrikaner zusammenzuschlagen. Dies ist im ersten Abteil geschehen. Ich saß im zweiten Abteil ziemlich am Ende. Als ich das sah, wurde ich ängstlich. Keiner hat etwas unternommen. Nur ein kleines Kind, ein Mädchen (8 bis 9 Jahre), stellte sich dazwischen. Ich sah das Mädchen von der Seite. Es sagte nichts. Als ich das Mädchen sah, wie es sich dazwischen stellte, habe ich einen leichten Stolz empfunden, dass es noch solche Leute gibt, die sich noch um ihre Mitmenschen kümmern können oder wollen. Die Typen haben doof geguckt und - das konnte ich an den Gesten der Typen erkennen - sie wollten es zur Seite schieben; aber sie packten das Mädchen nicht an. Als dann immer mehr, etwa fünf Leute sich ebenfalls dazwischen stellten, sind die Typen an der nächsten Haltestelle ausgestiegen. Als sie draußen waren, war ich sehr erleichtert, dass sie weg waren. Der Afrikaner war auch sichtlich erleichtert und hat sich bei dem Mädchen und den Leuten bedankt.

Zuerst, da sie alleine dazwischen trat, habe ich gedacht, das Mädchen muss verrückt sein, denn die zwei Typen waren recht groß und kräftig im Vergleich zu diesem Mädchen. Ich staunte über den Mut und über den Erfolg des Mädchens. Ich denke, eine Frau im selben Alter wär garantiert durch die Gegend geschubst worden. Wenn es eine alte Frau oder ein junges Kind ist, hat man immer noch mehr Respekt als vor Gleichaltrigen. Die hatten nicht gewagt, das Mädchen zu schlagen. Wenn ich näher an dem Ort gesessen hätte, wäre ich auch mit den anderen dazwischen gegangen.“

Alexander Behler, ein 19-jähriger Berufsschüler, erlebte dieses gütekräftige Auftreten und schrieb es auf die Bitte von Martin Arnold hin am 20. Juni 2001 im Religionsunterricht auf. Die Angaben über seine Gefühle und Gedanken (kursiv) fügte er auf Nachfragen hin dazu. Er ist mit der Veröffentlichung einverstanden.

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Wir alle haben die Gütekraft erlebt. Gütekraft-Erlebnisse (wie dieses) sind wichtig. Merken wir sie uns, erzählen wir sie uns gegenseitig und reden darüber, wie Gewalt überwunden werden kann. Martin Arnold sammelt für die Erforschung der Gütekraft Erlebnisberichte und bittet um Kontaktaufnahme:

Martin Arnold
E-Mail: Martin.Arnold((ätt))ekir.de