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Dienstag

Weltkarte der Gewaltfreiheit / Weltkarte der Hoffnung - Ereignisse in Europa



1950er In Sizilien setzte der 'sanfte Rebell' Danilo Dolci mit Fastenaktionen ein Programm gegen Hunger und Elend durch, fastete gegen den Terror der Mafia und organisierte einen 'umgekehrten Streik': Arbeitslose bauten ohne Lohn eine notwendige Straße in der Region und erreichten damit eine Finanzhilfe für das Projekt

Schottland 1957: Raketenbasen wurden nicht gebaut wegen der Weigerung der Handwerker-Gewerkschaften

1968 Prag: „Prager Frühling" durch gewaltfreie Mittel herbeigeführt - auch beim Einmarsch konnten die Russen die Stadt nicht wie geplant einnehmen, Gespräche bremsten Panzer - und viele Straßenschilder waren vertauscht...

1972-1974 Mitten in einer bürgerkriegsähnlichen Situation auf Zypern mit Kämpfen zwischen Türken und Griechen bauten Jugendliche beider Völker gemeinsam ein Dorf wieder auf (Projekt der 'World Peace Brigades')

1977 verhinderte eine Platzbesetzung den Bau eines Bleiwerks in Marckolsheim im Elsaß - als der Zaun gebaut werden sollte, sprang die Bevölkerung in die Bohrlöcher

Reisen durch Mauern: „Bürgerdiplomaten" überquerten den 'Eisernen Vorhang', Quäker bereiteten u.a. durch heimliche Treffen zwischen Nachwuchsdiplomaten der verfeindeten Mächte die Ost-West-Öffnung vor

Mitten im Kalten Krieg der 80er Jahre arbeiteten in der damaligen UdSSR elf „Trust"-Gruppen heimlich für den Aufbau von Vertrauen zwischen UdSSR und USA; sie veranstalteten z.B. Ideenwettbewerbe zum Feindbildabbau.

Vor den Atomraketen in Mutlangen trafen sich im 'Kalten Krieg' russische und amerikanische Friedensarbeiter*innen zur 'Wurzelkonferenz statt Gipfelkonferenz' und pflanzten einen Baum

Anfang der 1980er Jahre Holland: Die Gruppe „Onkruit" ("Unkraut") drang ins Verteidigungsministerium ein, schweißte die geheimen Militärpläne aus dem Panzerschrank und streute sie aus dem Fenster in die Öffentlichkeit

1980er Jahre Italien: große Friedensbewegung am Stationierungsort der Cruise-missiles-Atomraketen in Comiso - 7000 italienische Kleriker rebellierten gegen die Kriegsvorbereitungen. - Kein AKW.

England: 300 Städte atomwaffenfrei. - Greenham Common: erste Menschenkette um Atomraketendepot. - Junge Engländer verhinderten mit einem Hard-Rock-Konzert Großmanöver.

'Lucas Aerospace': englische Arbeiter entwickelten einen exakten Plan zur Umstellung ihres Betriebs von Rüstung auf 150 sozial nützliche Produkte

1983: Englische Seeleute-Gewerkschaft boykottierte Atommüllversenkung

Schweiz: AKW Kaiseraugst verhindert. - Bewegung 'Schweiz ohne Armee'

Österreicher sorgten mit Beharrlichkeit dafür, dass ihr einziges Atomkraftwerk Zwentendorf nicht in Betrieb ging

Norwegen 1986: Umweltschutzbewegungen luden ihre Regierung vor ein eigenes 'Umweltgericht', verurteilten sie für ihre Umweltsünden und erlegten ihr 'Bewährung' auf. - Bei Prozessen gegen Totalverweigerer hielten sie selbst ein 'ethisches Gericht'. Als einer verurteilt wurde, besetzten Friedensleute das Gefängnis

‚Pflugschar-Aktion‘ in Schweden: eine pazifistische Angestellte des Verteidigungsministeriums schlug auf einem Schiff symbolisch mit dem Hammer auf Waffenexporte für Indien, ließ sich verhaften und öffentlich verurteilen

Im schwedischen Kynneljäll hielten die Bewohner dreier kleiner Dörfer seit 1980 eine Dauerwache durch, um Probebohrungen für eine Atomanlage zu verhindern - »und sie werden niemals aufgeben«...

Stockholm 1989: Friedensarbeiter in Strahlenanzügen luden dampfenden Schweinemist vor dem Regierungsgebäude ab, um die heimliche Atommülllagerung im Meeresboden bei Stockholm „ruchbar“ zu machen

„Arche": Lebens- und Dorfgemeinschaften in Südfrankreich, in denen alle Lebensbereiche nach Prinzipien der Gewaltfreiheit ausgerichtet sind. Aktionen gegen Atomanlagen und Algerienkrieg, für politische Flüchtlinge, Kriegsdienstverweigerung und Toleranz

Larzac, Südfrankreich: zehn Jahre Widerstand der Bauern gegen Militärgelände; phantasievolle Aktionen, z.B. weideten sie ihre Schafe in Paris unter dem Eiffelturm. 1981 Erfolg!

In Südfrankreich fällt ein Strommast der Energiegesellschaft COGEMA, gegen deren Uranabbau sich die Winzer wehren, ganz plötzlich „von alleine" um

15 Jahre Widerstand verhindern in Frankreich den „Grand Canal" (- 1997)

Lange Zeit brütete der Widerstand gegen den „Schnellen Brüter" von Malville (Frankreich) - 1997 wurde der „Superphénix“ abgeschaltet

Der Unabhängigkeitskampf Estlands und Lettlands gegen die UdSSR Anfang der 90er Jahre hatte ohne Waffen Erfolg

CSSR 1990: Unabhängigkeit durch ausschließlich gewaltfreien Umbruch

„Solidarnosc"-Gewerkschaft in Polen setzte ihre Forderungen gewaltlos durch

1991 Als der Krieg in Kroatien das Dorf Mrkopalj zu erreichen droht, besucht ein Einzelner das serbische Nachbardorf, erreicht Abbau von Barrikaden und beugt Kampfhandlungen vor
Ausführlicher Bericht zu diesem Ergeignis

„Geistige Republik Zitzer“: ein ganzes Dorf verweigerte im Bosnienkrieg den Kriegsdienst - der selbsternannten „freien Republik" können Bürger aus allen Ländern unterstützend beitreten

„Saat des Friedens"-Kampagne: 15.000 Samenpäckchen mit persönlichen Friedensbotschaften an Menschen im Bosnienkrieg, „mit Umweg“ über das deutsche Außenministerium gesendet, um eine Forderungsliste mit Vorschlägen zur Beendigung des Krieges unübersehbar zu machen (1994) - Später Darlehen für Gemüsesamengärtnereien

Balkan Peace Teams: internationales Friedensprojekt bietet unparteiisch im ehemaligen Jugoslawien Kontakte, Hilfen, Räume, Schutz, Methoden zur Entfeindung und gewaltfreie Trainings für friedenswillige Personen und Gruppen beider Seiten an

1992 Portugal: 500 Jahre nach der Entdeckung Amerikas landet ein Indianer auf dem Flughafen von Lissabon und pflanzt eine Fahne auf: „Ich habe Europa entdeckt!“

In Moskau wurde 1997 ein versuchter Militär-Putsch „gewaltfrei, nur durch Zivilen Ungehorsam“ (so Boris Jelzin wörtlich) abgewehrt - Menschen stellten sich waffenlos gegen Panzer

Sammlung von Ereignissen in Deutschland
Sammlung von Ereignissen in Nordamerika
Sammlung von Ereignissen in Lateinamerika
Sammlung von Ereignissen im 20. Jahrhundert

Freitag

Kleine Wahrheitserfahrungen in der Armee

Jean-Baptiste Libouban:

In den Jahren 1958-59 mußte ich aufgrund gesetzlicher Verpflichtung einige Monate in den Reihen der französischen Armee verbringen, während der Algerienkrieg tobte.
Kriegsdienstverweigerung war zu dieser Zeit in Frankreich nicht anerkannt. Ich konnte, nicht ohne Kampf übrigens, einen Status als Sanitäter ohne Waffe bekommen. Diese Monate in der Armee waren sicherlich die reichsten meines Lebens an gewaltfreien Abenteuern. Es war ein idealer Ort zur Erprobung der Kraft der Wahrheit, des Widerstands gegen die täglichen Ungerechtigkeiten, die in dieser Art von Institution häufig vorkamen. Ich versuchte die Kraft des Nein, aber auch die Kraft des Ja, die ganz genauso wichtig ist. Kaum verging eine Woche, in der ich nicht konfrontiert wurde mit Situationen, die es mir einbrachten, auch Militärgefängnisse kennenzulernen, unter anderem das der Kaserne von Reutlingen, wo ich im Sommer 1958 einige Tage verbrachte.

Ich fand Freude daran, Mißbräuche anzuzeigen und diejenigen solidarisch zu unterstützen, die man verfolgte oder bestrafte aus dem einzigen Grund, damit die große Maschine des passiven Gehorsams zur Demütigung laufen konnte. Vor allem seit der Zeit, als ich Sanitäter wurde, und besonders in Algerien stellte ich mich zum Dienen ein und darauf, meine Zeit zu geben ohne zu rechnen, um die Kranken zu pflegen. Außerdem gibt es nichts Befriedigenderes als gute Arbeit zu leisten.
Diese Kraft des Ja wird in der Armee genauso wenig praktiziert wie die andere (d.h. die Kraft des Nein). Die Militärpflicht war nicht nach dem Geschmack meiner Kameraden. Einerseits, angesichts der Schikanen, versuchten sie sich ruhig zu verhalten, um ihre Lage nicht zu verschlimmern. Andererseits gehörte es - dazu passend - zum guten Ton, sich möglichst wenig zu kümmern und zu versuchen, sich gut Zeit zu gönnen. Dieser gängigen Trägheit begegnet die Armee im Allgemeinen mit Zwang und großen Abhandlungen über die Ehre, die Verteidigung der Interessen der Nation und das Pflichtbewußtsein.

Ich verhielt mich also dauernd im Gegensatz sowohl zu den Militärs, als auch zu den Kameraden. Wegen der Arche und der Gewaltfreiheit hatte meine Haltung direkten Zugriff auf die Ereignisse, und zwar ohne jede Rede gegen den Militarismus oder den Kolonialismus. Auf diese Weise kam die Kraft der Wahrheit ins Spiel, weil ich zum Wesentlichen kam.
In den letzten sechs Monaten meiner Zeit in Algerien, angesichts meiner Aktivität im Krankenhaus, bot mir die Armee eine Ausbildung als Unteroffizier des Sanitätscorps an. Als ich dies zurückwies, schlugen sie mir vor, wenigstens Soldat erster Klasse zu werden. Die Armee hielt uns zu dieser Zeit über die gesetzlich verpflichtende Zeit hinaus unter den Fahnen, um eine bedeutende Truppe in Algerien halten zu können. Nach dieser gesetzlichen Verpflichtungszeit bekamen wir den gleichen Sold wie die Freiwilligen; im Dienstgrad aufzusteigen bedeutete also sicher zu sein, eine bedeutende Geldsumme zu bekommen - kein Vergleich zu dem, was ein einfacher Soldat erhielt.
Zu ihrem großen Bedauern hatte ich keine andere Antwort, als ihnen lächelnd zu sagen, daß ich ihr Gefangener sei. Es war mir daher unmöglich, die Ehre und die Vorteile, die sie mir als Anerkennung meiner Dienste anboten, anzunehmen.

Dabei hätte es bleiben können. Aber so kam es nicht. Zu meiner großen Überraschung kündigten sie mir einen Monat vor dem Ende meiner Zeit an, sie gewährten mir einen Monat Erholung am Meer. Außerdem strichen sie die Monate Zusatzdienst, die ich wegen meiner Zeit im Gefängnis hätte anhängen müssen, weil sie nicht als Dienstzeit gerechnet wurden.
Hier, in diesen kleinen Aktionen habe ich die Kraft der Wahrheit begriffen. Unter der Offiziersmütze existiert ein Mensch, der eine Haltung als gerecht und wahr verstehen kann - viel mehr als man zu glauben geneigt ist. Es war übrigens nicht der einzige Fall dieser Art, den ich traf während jener Zeit, die ich in der französischen Armee verbrachte.

Der Dieb mit dem Messer

In Frankreich gibt es eine Lebensgemeinschaft in der Tradition Gandhis, die Arche (gegründet 1948 von Lanza del Vasto). Ein deutscher Praktikant dort beobachtete auf dem Markt der nahen Kleinstadt, wie jemand einer Frau das Portmonee aus dem Rucksack entwendete. Er ging dem Dieb nach, musste sich lange durch das Marktgedränge schlängeln, dann stand er ihm gegenüber und bat um das Portmonee. Da zog der andere ein Messer und bedrohte ihn. Daraufhin sagte der Deutsche: "Moi - non-violent - - portemonnaie!" ("Ich - gewaltfrei - - Portmonee"), mehr brachte er an Französisch nicht heraus, und er hob seine beiden Hände neben sich in Adoranten-Haltung mit den Handflächen zum Gegenüber. Da gab ihm dieser das Portmonee.

(Nach dem Bericht dieser Frau, einer Bewohnerin der Arche La Fleyssière, aufgeschrieben von Martin Arnold im Juni 2002)

Gewaltfreiheit wirkt! - 60 gewaltfreie Siege aus den vergangenen hundert Jahren

Gewaltfreiheit wirkt!
60 Erfolge gewaltfreien Handelns aus den vergangenen hundert Jahren

Das Folgende ist eine Auswahl besonders berichtenswerter Beispiele gewaltfreier Aktionen. Allerdings ist Gewaltfreiheit bei näherer Betrachtung ganz normal. Im täglichen Leben – wie auch zwischen Staaten – werden Streitigkeiten üblicherweise gelöst, ohne auf Gewalt zurückzugreifen. Erinnern wir uns also daran: Gewalt ist die Ausnahme – Gewaltfreiheit ist die Regel.

1. Transvaal, Südafrika 1907-14 – Gandhi führt eine Kampagne für die Rechte der Inder in Transvaal zum Erfolg, indem er sich weigert, ungerechte Gesetze und Einschränkungen einzuhalten.

2. Brasilien 1910 – Friedenschluss zwischen europäischen Siedlern und dem Stamm der Chavantes. Beim ersten Versuch wurden 25 unbewaffnete Freiwillige, die General Rondon geschickt hatte, umgebracht. Beim zweiten Versuch wurde Frieden erreicht.

3. England 1915-18 – die Standhaftigkeit der Kriegsdienstverweigerer im Ersten Weltkrieg, selbst vor der Bedrohung, in Frankreich an der Front exekutiert zu werden, erbrachte ihnen das verbriefte Recht, nicht töten zu müssen.

4. Indien 1918-47 – neben vielen anderen gewaltfreien Kampagnen gegen die britische Herrschaft wandte sich Gandhi gegen die Salzsteuer und führte 1930 einen symbolischen Marsch ans Meer, um Salz selbst herzustellen. Die Briten reagierten häufig mit brutaler Gewalt gegen den gewaltfreien Aufstand, aber 1947 wurde die Unabhängigkeit erlangt.

5. Ruhrgebiet, Deutschland 1923 – passiver Widerstand gegen französische und belgische Besatzung verhinderte den Abtransport von Kohle, wie er als Reparationsleistung von Deutschland gefordert wurde.

6. Nordwest-Grenzprovinz, Indien 1929 – Abdul Ghaffar Khan bildete aus den traditionell ungezügelten Paschtunen eine große disziplinierte gewaltfreie Armee, die der britischen Herrschaft widerstand.

7. England 1932, massenhafte Übertritte auf gesperrtes Land führten im nordenglischen Hügelland (Peak District) zunächst zu Verhaftungen, dann zur Bewegung für Zugangsrechte zum britischen Moor.

8. Liberia 1932 – das Land war vom Bürgerkrieg zerrissen. Ein Vermittler des Völkerbundes war in der Lage, die Wurzel des Problems zu erkennen, die Krieg führenden Stämme zu entwaffnen und den Konflikt zu beenden.

9. Norwegen 1942 – Lehrer weigerten sich mit dem pro-nationalsozialistischen Quisling-Regime zusammenzuarbeiten. Viele von ihnen wurden /inhaftiert / in Konzentrationslager gebracht. Doch schließlich wurde die Verpflichtung, in den Schulen die Nazidoktrin zu unterrichten, zurückgenommen. Ausführlicher Bericht zu diesem Ereignis

10. Dänemark 1943 – SS Truppen schafften es nicht, die weit verbreitete Nicht-Bewegung der Nichtzusammenarbeit und Streiks gegen die Nazibesetzung zu stoppen. Fast alle 7000 jüdischen Bürgerinnen und Bürger wurden durch die widerständige Bevölkerung Dänemarks gerettet.

11. Berlin, Deutschland, 1943 – „Arische“ Ehefrauen deutscher Juden erreichten die Freilassung ihrer Ehemänner durch andauernde Mahnwachen vor dem Gebäude in der Rosenstraße, in dem die Männer festgehalten wurden.

12. Bulgarien 1943 –Leiter der orthodoxen Kirche in Bulgarien widersetzten sich während des Zweiten Weltkriegs erfolgreich der Deportation von Juden.

13. Guatemala 1944 – Diktator General Ubico wurde durch friedliche Studentendemonstrationen sowie durch Streiks, die die Hauptstadt lähmten und der Polizeigewalt trotzten, gestürzt.

14. Workuta, UdSSR, 1953 – ungefähr 250.000 politische Gefangene wurden in Lagern gehalten und gezwungen, unter schrecklichen Bedingungen in den Kohlebergwerken zu arbeiten. Die Gefangenen streikten und blieben trotz blutiger Vergeltungsmaßnahmen standhaft, bis man die Bedingungen verbesserte.

15. Alabama, USA 1955 – nachdem sich Rosa Parks geweigert hatte, in einem Bus mit Vorrangplätzen für Weiße ihren Sitzplatz aufzugeben, begann in Montgomery die Kampagne für Gerechtigkeit in Rassenfragen mit einem Busboykott, der ein Jahr dauerte.

16. Sizilien, Italien 1956 – Danielo Dolci organisierte einen ‚umgekehrten Streik‘, um auf die mittellosen Menschen aufmerksam zu machen. Arbeitslose stellten ihre Arbeitskraft kostenlos zur Verfügung und bauten Straßen, obwohl die Behörde am Ort widersprach.

17. Nagaland, Indien 1964 – Kirchenführer stellten sich an die Spitze von Versuchen, eine friedliche Lösung in Auseinandersetzungen mit den indischen Regierungstruppen zu finden.

18. Zypern 1964-74 – rund 10 Jahre hielten UN Blauhelme den Frieden zwischen türkischen und griechischen Zyprioten aufrecht (und wiederum nach der Teilung der Insel): eine ihrer mehr als 50 Friedensmissionen.

19 Kalifornien, USA 1965 - 70 – César Chávez, ein christlicher Community Organizer, führte Gewerkschaften unter den ausgebeuteten Wanderarbeitern ein. Ein nationaler und internationaler Weintraubenboykott bewegten die Anbauer dazu, sich auf Verhandlungen für bessere Arbeitsbedingungen einzulassen.

20. Nordirland 1968-1998 – obgleich die gewaltfreie Kampagne für Bürgerrechte durch paramilitärische Gewalt sabotiert wurde, konnte die stille Arbeit der Corrymeela Gemeinschaft und ähnlicher Gruppen Brücken über die Grenzen der Konfessionen hinweg bauen und so den Weg zu einem Waffenstillstand und einer Beilegung der Kämpfe bahnen.

21. Ahmedabad, Indien 1969 – Shanti Sena Friedensbrigaden stellten sich in Krawallen zwischen Muslime und Hindus und erreichten nach 4 Monaten geduldiger Versöhnungsarbeit Frieden.

22. Larzac Hochebene, Frankreich 1970-1981 – Demonstrationen, auch mit Schafherden in Paris unter dem Eiffelturm, brachten die Regierung dazu, ihre Pläne zur Ausdehnung eines Truppenübungsplatzes über das ganze Weideland zurückzunehmen.

23. Culebra, Puerto Rico 1971-1975 – Einwohner besetzten ein Schießübungsgelände der US Marine, stellten eine als Symbol geltende Kapelle wieder her und störten Militärübungen, bis die Insel als Zielgebiet aufgegeben wurde.

24. Baltimore, USA 1971 – (a) Kanus mit Friedensleuten aus Philadelphia stoppten ein Schiff, das Waffen für den Krieg nach Pakistan bringen sollte. Die Küstenwache half zwar die Blockade zu durchbrechen, aber die erzielte Öffentlichkeit führte dazu, dass die Waffenlieferungen gestoppt wurden. Eine ähnliche Taktik wurde genutzt (b) in Neuseeland 1976-1984, wo ein „Friedensgeschwader“ atomgetriebene Schiffe daran hinderte, in den Hafen von Auckland einzufahren, und (c) in Australien 1989-90 gegen den Import von Holz aus dem Regenwald, der dann reduziert wurde.

25. Vorgebirge des Himalaya, Indien 1972 – „Treehuggers“ (Menschen, die Bäume umarmen) aus 200 Dörfern verhinderten mit einer Reihe von Aktionen am Ort die Abholzung und Holzauktionen.

26. Whyl, Deutschland 1974 – Leute aus der Gegend besetzten den für ein Atomkraftwerk vorgesehenen Bauplatz länger als ein Jahr lang und verhinderten so den Bau – endgültig.

27. Sao Paulo, Brasilien 1974 – als Arbeiter einer Zementfabrik, denen ihr Lohn vorenthalten wurde, zu streiken begannen, wurden sie als Kommunisten diffamiert. Ihre über 7 Jahre andauernde Auseinandersetzung im Dialog mit den Eigentümern sorgte für viel Öffentlichkeit. Als schließlich Fahrer als Streikbrecher damit drohten, Streikende zu überfahren, schritt die Polizei ein. Die Arbeiter erhielten ihren Lohn.

28. Tschechoslowakei 1977 – die Charta 77 für Menschenrechte zu unterschreiben, erforderte viel Mut, führte aber 1989 zur „samtenen Revolution“ und der Wiederherstellung der Demokratie.

29. Buenos Aires, Argentinien 1977-1983 – die Mütter von der Plaza de Mayo, deren Kinder entführt worden waren, ignorierten Bedrohungen und hielten eine wöchentliche Mahnwache aufrecht, die Menschenrechtsverletzungen sichtbar machte und dabei half, Demokratie herzustellen.

30. Alagamar, Brasilien 1980 – Zuckerbarone eigneten sich Land an. Die Enteigneten kehrten zurück, um für den Eigenbedarf anzubauen, doch wurde es vor der Ernte ausgerissen. Die öffentliche Meinung unterstützte die Kleinbauern und die Regierung gewährte ihnen in großem Umfang Land.

Polen 1980-1989 – Solidarność, die Gewerkschaft die bei dem Streik auf einer Danziger Werft entstand, benutzte religiöse und nationale Gefühle, um eine Opposition aufzubauen und die kommunistische Regierung gewaltfrei zu stürzen.

32. Ungarn 1980-1989 - der schrittweise Wandel von einer totalitären zu einer demokratischen Regierung führte zu den Grenzöffnungen und der Kommunismus stürzte wie ein Soufflé in sich zusammen.

33. Niederlande 1982 – eine Volksbewegung von 400.000 Menschen demonstrierte gegen die Stationierung von Cruise Missiles.Keine wurden dort aufgestellt.

34. Nicaragua 1983-1990 – fast 4.000 Menschen aus US-amerikanischen Friedensgruppen kamen als „Zeugen für den Frieden,“ um in Dörfern zu leben, die von Angriffen der Contra Guerilla bedroht waren, die ihrerseits von den USA bewaffnet und trainiert wurden.

35. Philippinen 1986 – unter atemraubender Anspannung widersetzten sich Massen von Zivilisten drei Tage lang dem Militär, zogen es schließlich auf ihre Seite und erreichten so nach 13 Jahren Kriegsrecht den Sturz von Diktator Marcos. Ausführlicher Bericht zu diesem Ereignis

36. Baltische Republiken 1988-1991 – Litauer, Letten und Esten nahmen an der 600 km langen Menschenkette teil, die ihre drei Hauptstädte verband. Als sich Litauen für unabhängig erklärte, schickte die Sowjet-Union Panzer, aber die Menschen blieben standhaft ohne zu Gewalt zu greifen, und die Truppen zogen schließlich ab. In Estland sammelten sich große Menschenmassen in Riga und sangen traditionelle estnische Volkslieder (die in der Sowjetunion verboten waren): die „singende Revolution“. Alle drei Staaten erzielten ihre Unabhängigkeit ohne Gewalt.

37. Ostdeutschland 1989 – Gebetsversammlungen, die seit 1981 in der Leipziger Nikolaikirche abgehalten wurden, breiteten sich über das Land aus und die kommunistische Regierung wurde zum Rücktritt gezwungen, was den Weg zu freien Wahlen öffnete. Es gab kein Blutvergießen.
Ausführlicher Bericht zu diesem Ereignis

38. Kasachstan 1989-1991 – Großdemonstrationen und politische Lobbyarbeit gegen ein Atomtestgelände führten zum Teststopp und zur Schließung des Geländes.

39. Mosambik 1989-1992 – die in Rom ansässige Gemeinschaft Sant‘Egidio, die aufgrund ihrer humanitären Arbeit Vertrauen genießt, konnte eine Vereinbarung zwischen RENAMO und FRELIMO Streitkräften vermitteln, die einen 10-jährigen Krieg beendete.

40. Mongolei 1990 – 6-monatige Streiks, Hungerstreiks und öffentliche Aktionen zwangen ein Regime von Hardlinern in Richtung Demokratie, Pressefreiheit und Wirtschaftsreformen.

41. Südafrika 1990 – Nelson Mandela gab Südafrika dank seiner Haltung der Vergebung am Ende der Apartheid Hoffnung auf eine friedliche Zukunft. Das Apartheidregime als solches war schon durch Boykotte außerhalb und innerhalb des Landes gegen Sportveranstaltungen, Investitionen und anderes erschüttert.

42. Russland 1991 – das Volk in Moskau widerstand einem Militärputsch gegen Präsident Gorbatschow, indem es sich Panzern entgegen stellte und das Militär auf Abstand vom russischen Parlament hielt.

43. Thailand 1991-1992 – nach der Machtergreifung durch das Militär führte das Beten und Fasten von Mönchen nach sieben Monaten zu Großdemonstrationen, so dass anstelle militärischer Repression doch wieder demokratische Regeln eingeführt wurden.

44. Mali 1991-1996 – gewaltsame Konflikte zwischen bewaffneten Tuareg sowie arabischen Gruppen und der Regierung wurden durch ausgedehnte Verhandlungen zwischen den Gemeinschaften in örtlichen Gesprächsrunden gelöst.  Dann wurden bei einem feierlichen Freudenfeuer Waffen verbrannt.

45. Somalia 1991-2000 – interne kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Stämmen wurden dadurch unterbrochen, dass Frauen sich auf die jeweils andere Seite begaben, so Spannungen abbauten, für die Freilassung von Geiseln sorgten, Hilfslieferungen und Demobilisiserungsprogramme organisierten und einen Friedensprozess vorbereiteten.

46. Ecuador 1992 – Tausende von Stammesangehörigen marschierten vom Oberlauf des Amazonas nach Quito und kampierten drei Wochen lang im Park. Die Regierung gewährte ihnen förmlich Eigentum über mehr als 4000 Quadratmeilen ihrer angestammten Heimat.

47. USA 1993 – Kirchen brachten schwarze und weiße Anführer von Jugendbanden zu einem Treffen in Kansas City zusammen, indem sie ihnen die Aussicht auf Gemeinschaftsaufbau anboten.

48. Ghana 1994-1996  – die Nairobi Peace Initiative erreichte eine Lösung für den mit Waffen ausgetragenen ethnischen Konflikt zwischen den Völkern Nordghanas.

49. Peru/Ecuador 1995-1998 – ein amerikanisches Konfliktmanagement-Team vermittelte eine friedliche Lösung für den Grenzkonflikt, der seit 1884 34mal zu Kämpfen geführt hatte.

50. Uganda1998 – Die Acholi Religious Leaders‘ Peace Initiative arbeitete für ein gewaltfreies Ende bewaffneter Konflikte, trainierte Freiwillige in Mediation und unterstützte Überlebende des Bürgerkriegs zwischen der ‚Lord’s Resistance Army‘ und den Regierungstruppen.

51. Australien 1998 – Die ‚Sorry Book‘-Kampagne sammelte von tausenden Australiern Unterschriften, um für frühere Menschenrechtsverletzungen gegen die eingeborene Bevölkerung um Entschuldigung zu bitten.

52. Serbien 1998-2000 – von Studenten angeführte Demonstrationen in Belgrad, unter Nutzung von Graffitis, Humor und Mobiltelefonen bewirkten den Sturz von Präsident Milošević, der sich geweigert hatte, seine Wahlniederlage zu akzeptieren.

53. Palästina Israel 2001 – fünf israelische Frauen begannen, Kontrollpunkte, die die Bewegungsfreiheit der Palästinenser kontrollieren sollen, zu überwachen. Zunächst als unpatriotisch abgetan, gehören inzwischen einige hundert Beobachterinnen zu Machsom / CheckpointWatch, die in Schichten das Verhalten von Soldaten und Polizei beobachten, für den Schutz der Bürgerrechte der Palästinenser sorgen und ihre Beobachtungen an die Öffentlichkeit bringen.

54. Nigeria 2002 – 150 Frauen aus den Dörfern brachten eine Erdölproduktionsstätte für 10 Tage zum Erliegen, indem sie von Booten aus mehrere Pipeline-Köpfe von Chevron Texaco besetzten. Mit der Drohung, sich auszuziehen, falls sie entfernt würden, verlangten die Frauen von der Ölgesellschaft Arbeit und verbesserte Bedingungen in den Dörfern.

55. Liberia 2002-2006 – Blockaden und Sitzstreiks einer Koalition christlicher und muslimischer Frauen brachten die Männer dazu, über das Ende eines jahrzehntelangen Bürgerkriegs zu verhandeln. Sie mobilisierten erfolgreich Unterstützung für die erstmalige Wahl einer Frau als afrikanisches Staatsoberhaupt.

56. Ukraine 2004 – aus umfangreichen öffentlichen Proteste gegen eine korrupte Wahl und Neuwahlen geht die ‚orange Revolution‘ hervor.

57. Palästina Israel 2005 - Bewohner von Bil’in entschieden sich, für den Widerstand gegen die Enteignung ihres Landes, auf dem illegale israelische Siedlungen und die Trennmauer gebaut werden sollten, für eine gewaltfreie Vorgehensweise. Sie erreichten einen Beschluss des Obersten Gerichts Israels, wonach die Streckenführung der Trennmauer verändert werden musste. Ihrer andauernden wöchentlichen Mahnwache an der Trennmauer begegnet das Militär mit Gewalt.

58. Guatemala 2007 – junge Stelzenläufer nutzten Zirkuseinlagen und Straßenkarneval um das Klima der Gewalt, das von brutalen Jugendbanden ausging, zu verwandeln.

59. Thailand 2008 – Tausende von Demonstranten gegen die Regierung brachten Bangkoks Flughafen für acht Tage zum Erliegen. Die Machtprobe endete, als ein Gericht die Regierungspartei auflöste und den Premierminister wegen Wahlbetrugs von öffentlichen Ämtern ausschloss.

60. Pakistan 2009 – Großdemonstrationen und ein Marsch auf Islamabad, angeführt von den Rechtsanwälten des Landes, zwang den Präsidenten dazu, den Obersten Richter wieder in sein Amt einzusetzen, der 2 Jahre zuvor ohne Begründung von der Militärregierung abgesetzt worden war.


GEWALTFREIHEIT IST NORMAL
GEWALT IST DIE AUSNAHME

Diese Beispiele aktiver Gewaltfreiheit zeigen, dass in der ganzen Welt Menschen das Potenzial der Gewaltfreiheit erkannt haben, wenn es darum geht, sich gegen Unrecht einzusetzen und Veränderungen zu bewirken. Einige von ihnen bestanden aus einer kurzen Episode oder Kampagne, andere erforderten enormes Durchhaltevermögen und viele kleine Schritte über einen langen Zeitraum, bis der Wandel eintrat. Gewaltfreiheit bietet keine Patentlösung.

Fehlschläge? Erfolge gewaltfreier Aktion sind nicht wie Märchen
Sie enden auch nicht öfter „glücklich und zufrieden bis ans Lebensende“, als wenn Gewalt angewendet wurde. Die Bevölkerung muss andauernd wachsam bleiben und gewaltfreie Aktionen müssen möglicherweise wiederholt werden, wie es etwa 2001 in den Philippinen der Fall war. Gelegentlich hat der Erfolg nur eine kurze Lebensdauer, weil die neue Situation, die sich aus einer gewaltfreien Kampagne ergibt, zu neuer Gewalt führt (wie etwa nach der indischen Unabhängigkeit mit Teilung des Landes).

Viele gewaltfreie Aktionen, wie etwa die Studentenproteste am Tiananmen Platz 1989 in Peking, hatten keinen Erfolg, veränderten aber das öffentliche politische Bewusstsein. Andere Kampagnen haben die Bewusstheit von Gefahren, Ungerechtigkeiten und Problemen verbessert, die beispielsweise von Atomwaffen, Straßenbau, genmanipulierten Lebensmitteln, Frauenbenachteiligung, Waffenhandel usw. ausgehen.

Lernen, wie Gewaltfreiheit wirkt
Eine bedeutsame Entwicklung des vergangenen Jahrhunderts war die Verbreitung von Programmen zur Ausbildung in der Konfliktbearbeitung und dem Friedenstiften in Schulen, Kirchen, Gemeinschaften und zwischen Staaten. Quäker und Mennoniten haben diese Entwicklung vorangetrieben. Die Universität Bradford hat eine große Fakultät für Friedensstudien, die Studenten aus aller Welt anzieht.

In seinen Büchern zählt der amerikanische Wissenschaftler Gene Sharp fast 200 Methoden gewaltfreier Aktion auf, um Gerechtigkeit und den Sturz von Unterdrückern zu erreichen oder sich für Umweltbelange einzusetzen. Jesus zeigte bereits vor 2000 Jahren die gewaltfreie Art auf, sich den Mächtigen entgegen zu stellen, Ungerechtigkeiten aufzudecken, dabei Regeln zu brechen, um eine herrschende Kultur herauszufordern und Menschenwürde zu reklamieren: Lieber selbst leiden, als gewaltsam zurückzuschlagen. Dieser Ansatz konnte über viele Jahre hin fantasievoll vielfältig weiterentwickelt werden. Die Grundidee bleibt die gleiche: Unterdrückte nehmen sich ihre Macht zurück und nutzen sie, wobei sie dem Unterdrücker wohlwollend-gerecht die Möglichkeit anbieten, auf ihre Seite zu wechseln.

Gewaltfreiheit wirkt!
Erstveröffentlichung 2010 durch die Baptist Peace Fellowship, den britischen Versöhnungsbund und die britische Sektion von Pax Christi.
Original in englischer Sprache
Redaktion der deutschen Übersetzung: Martin Arnold 2018


Samstag

Eine ruhige Hilfe

Es war an einem ruhigen Abend in Frankreich, als ich gemütlich durch eine schon dunkle Straße ging. Da wurde auf einmal die Ruhe durch einige Aufregung gestört: In einiger Entfernung sah ich zwei Menschen - einen Mann und eine Frau - in heftigem Streit miteinander. Was vorgefallen war, konnte ich nicht erkennen.
Doch schon kurz nach meinem Auftauchen bemerkte mich wohl die Frau. Sie kam sofort auf mich zugerannt und hielt sich an mir fest. Es war mir gleich klar: Sie suchte Schutz. Ich legte die Arme um sie; und da kam auch schon der Mann auf uns zu - aggressiv und wütend. Ich sah ihm in die Augen. Es war so meine ganz normale Reaktion: Ich wurde ganz ruhig und sah ihn fest und scharf an. Wie eine große Spannung kam es mir vor - und sehr schnell zog der Mann ab. Der Frau konnte ich einige tröstende Worte sagen. Anscheinend war es hilfreich, auch wenn ich mir selbst dabei sehr passiv vorkam.



(Quelle: Bernd Ebding, Neuershausen)