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Freitag

„Gütekraft und Glauben“ - Bericht über ein Gruppengespräch

„Gütekraft und Glauben“
Bericht über ein Gruppengespräch von Quäkern nach Gütekraft-Referat von Martin Arnold
Langenburg, im Mai 2000

Zunächst gingen wir auf das Impulsreferat von Martin Arnold ein, in dem jeder aussprach, was ihm persönlich aus diesem Referat bemerkenswert war. Hier einige Gedanken aus dieser Gesprächsrunde:
- Die Menschheit steckt große Anstrengungen in Konflikte und deren meist mit Gewalt verbundenen Lösungen. Wir sollten lieber unsere Kraft darauf verwenden zu erforschen, wie wir durch gewaltfreie Aktionen solchen Konflikten begegnen können, ja sie erst gar nicht entstehen.
- Zwischen den Konfliktpartnern kann eine Beziehung hergestellt werden, mit Martin Bubers Worten ausgedrückt ein „Zwischenmensch“ entstehen.
- Vorraussetzung für eine gütekräftige Konfliktlösung ist eine Haltung, die positive Energie beinhaltet, die uns fähig macht, mitzutragen, mitzuleiden, Risiko auf sich zu nehmen. Das daraus resultierende Verhalten hat eine verändernde Kraft auch ohne Garantie auf Erfolg
- Diese grundlegende Haltung ist nicht ohne Gewissen oder Glauben möglich; ein Glaube, zu wissen, nicht allein zu sein, daß etwas da, in uns ist, das wahr und richtig ist, alles weiß und uns spüren läßt, ob man richtig handelt.
- Diese Haltung bewahrt vor lähmender Angst, macht uns fähig mit Kreativität und Phantasie weitere Möglichkeiten zu finden für einen überraschenden Ausweg aus der Konfliktsituation. Das Wissen „es gibt immer noch eine andere Möglichkeit“ hilft!
- Gütekräftiges Handeln ist keine Ausnahme, sondern eine permanente Möglichkeit im Alltag dem Anderen zu begegnen.
- Letztendlich bleibt aber der Erfolg den Anderen mit meiner Gütekraft zu erreichen ein Geschenk – „der Geist weht wo er will“.

Schon in diesem ersten Gesprächsabschnitt wurde uns deutlich, wie vielschichtig wir den für uns zum größten Teil neuen Begriff „Gütekraft“ betrachteten.
Im Weiteren versuchten alle Teilnehmer bei sich nachzuspüren, ob es Erlebnisse gab, in denen „Gütekraft“ zugegen war:
- Eine Freundin berichtete:“ Wenn ich aus dem Meeting kam, waren alle so nett zu mir. Ich erkannte, es waren nicht die Anderen, sondern ich hatte aus dem Meeting etwas mitnehmen können, das den Anderen in einer besonderen Weise ansprach, ohne daß ich mich besonders anstrengen mußte. Es ist eine „himmlische Gütekraft“ oder auch „göttliche Kraft“ die unzerstörbar ist, im Gegensatz zur berechnenden „äußeren Kraft“ (=unsere Zivilisation)“
Auch wenn unserer Meinung nach gütekräftiges Handeln zugegen war, bleibt eine für uns positive Konfliktlösung ein Geschenk und an den folgenden Beispielen mit „Nicht-Erfolg“ haben wir viele Aspekte der Gütekraft herausarbeiten können.
- Eine wirklich ehrlich gemeinte Bitte um Verzeihung wurde nicht angenommen sondern niederschmetternd, ja verletzend abgewehrt.
- Einer anderen Freundin blieb der Zugang zur Konfliktpartnerin, trotz mehrerer Bemühungen, zunächst gänzlich verwehrt.
Dazu kamen uns folgende Gedanken:
- Jemandem verzeihen können heißt nicht, daß der Andere die Verzeihung auch annehmen kann.
- Wir müssen Geduld haben, „den Geist wehen lassen“, der Erfolg ist ein Geschenk und nicht programmierbar
- Wir können versuchen uns zurückzunehmen, uns auf eine „andere Stufe zu stellen“, das heißt versuchen eine andere Möglichkeit zu finden, bzw. dem Anderen auf einer anderen Ebene begegnen.
- Wir müssen lernen den Anderen in seiner Wahrheit erst einmal anzunehmen
- Güte kraft läßt sich mit reiner, unberechnender Liebe beschreiben, die spontan und gewaltlos ist und durch mich wirken kann
In unserem Gespräch wurde auch klar, daß es gerade kleine, oft im Verborgenen bleibende, Handlungen sind, die von Gütekraft Beispiel geben:
- ein verschenkter Fahrschein, der zu einem unerwarteten Augenleuchten bei der beschenkten Obdachlosen führte
- eine positive, offene Einstellung und ein freundliches Begegnen meines Gegenübers von dem ich weiß, daß er wütend auf mich ist, nimmt ihm den Wind aus den Segeln und gibt ihm die Möglichkeit mir ohne Abwehr zu begegnen.
- Kinder sind direkt und klar und handeln noch spontan gütekräftig

Das eigentliche Thema der Gesprächsrunde streiften wir immer wieder und gingen dann konkret darauf ein mit den Fragen einer Freundin: “Wie kann ich einen Gott ertragen, der einen Holocaust zuläßt?, der soviel Gewalt zuläßt?- wird „Glauben“ dadurch nicht fragwürdig?“
Zusammenfassend lassen sich unsere Überlegungen wie folgt darstellen: Wir haben die Freiheit der Entscheidung bekommen und müssen mit allen Konsequenzen leben, dürfen Gott aber nicht dafür verantwortlich machen. „Das von Gott“ ist im Opfer und im Täter, aber nicht automatisch in jedem lebendig.
Wenn wir die Kraft in uns wirken lassen, kann „Gutes heraufkommen“ und wird „Schlechtes heruntergedrückt“. Diese Kraft ist immer wieder neu erfahrbar, läßt uns Eins-Sein mit der Quelle und gibt uns ein Vertrauen des Getragenseins; das bedarf keiner bestimmten Religion.
Aus diesem Vertrauen, aus dieser Liebe, die ich erfahren habe, kann ich gütekräftiges Handeln entwickeln und ich empfinde bei der Rückbesinnung auf diese Geborgenheit ein großes Maß an Dankbarkeit. Auch wenn ich mich der Quelle nur annähern kann, sie nicht beim Namen nennen kann, gibt mir dieses Bewußtsein seine große Kraft. Kraft für reine und spontane Liebe zu meinem Nächsten, wie auch zu mir. Diese Liebe ist ohne Besitzansprüche und ohne Kopfbeteiligung sondern ganz aus der Quelle genähft. Tägliche Besinnung, Andacht und Meditation kann wie eine „Ladestation unserer Batterie“ sein, die Liebe und Gütekraft spendet.

Charlotte Haake (Quäkergruppe Stuttgart)

Die Reichskriegsflagge im Fenster gegenüber

Damals, im Jahr 1992, wohnte ich in Köln-Kalk in einer Straße, in der auch viele türkische Einwanderer wohnen, direkt neben einem türkischen Lebensmittelgeschäft. Es war das Jahr der rassistischen Krawalle in Rostock und anderswo. Mein Küchenfenster ging zur Straße hinaus und eines Tages sah ich: In einer Wohnung gegenüber hing direkt am Fenster eine große Reichskriegsflagge. Als engagierter Antifaschist dachte ich spontan zuerst an Steine, Bomben usw., verwarf das zwar gleich, aber mir war klar, dass ich diese Fahne nicht einfach hinnehmen konnte.

Nach ein paar Tagen nahm ich allen Mut zusammen sowie ein Exemplar des Bildbüchleins "Krieg dem Kriege" von Ernst Friedrich zur Hand (Bilder aus dem I. Weltkrieg, um 1925 erschienen, Reprint von Zweitausendeins), ging über die Straße, erwischte auch gleich die richtige Klingel und wurde von einem ca. 18-jährigen Jugendlichen an der Wohnungstür empfangen. Ich sagte ihm, ich sei ein Nachbar und wolle wegen der Reichskriegsflagge mit ihm sprechen. Er sagte, die Wohnung gehöre seinem Freund, der sei gerade auf dem Klo, und bat mich hinein. Besagter, ca. 20, erschien, und war zunächst äußerst reserviert, aber nicht unfreundlich. Wir setzten uns direkt unter die Flagge und kamen ins Gespräch. Die beiden stammten aus Ostdeutschland, arbeiteten bei Ford und regten sich über herumlungernde türkische Jugendliche auf. Ich verwies auf meine türkischen Nachbarn in dem Geschäft; sagte, die sähe ich immer nur fleißig arbeiten. Ja, hm, aber die anderen, vor der Spielhalle... Die Deutschen seien doch so fleißig, und darauf sollten sie stolz sein. Ich sagte: Ich bin mir nicht so sicher, ob das die richtige Art zu leben ist. Die südländische Mentalität, das Abwarten, Genießen des Augenblicks, vielleicht auch eine gewisse Faulheit - das alles hat doch auch einiges für sich. Die beiden waren überrascht und wurden tatsächlich ein bisschen nachdenklich.

Ich kam auf die Flagge zu sprechen, erklärte ihnen, wie gut ich sie von meinem Fenster aus sehen könne und sprach darüber, welche furchtbaren Verbrechen im Zeichen dieser Flagge begangen worden seien. Ich sparte bewusst die Nazizeit aus und sprach über den I. Weltkrieg, gab dem Jüngling das Buch dazu in die Hand, er könne es sich ja mal durchblättern. Es zeigt die Gesichter von Kriegsversehrten, Menschen mit riesigen Löchern im Gesicht, grauenhaft! Die beiden bestanden darauf, dass man als Deutscher doch stolz sein könne auf das, was Deutsche geleistet hätten. Ich stimmte zu und sagte: Ja, auch ich bin stolz darauf, dass Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg schon 1914 erkannt hatten, worauf der Krieg hinauslief, und die ganze Zeit über dagegen gekämpft und sogar ihr Leben dafür geopfert hatten...  Dass ich als "Wessi" wegen dieser Dinge sogar bei den Kommunisten gewesen war, das konnten sie nun gar nicht verstehen, klar. Gut, wir gingen auseinander, sie werden sich wohl noch genügend über den Spinner von gegenüber gewundert haben, aber drei Wochen später war die Flagge weg.

aufgeschrieben im April 2001

Toni Kalverbenden, Köln

Schläge nach dem Schlittschuhlaufen - Ein Konflikt, den ich selbst gütekräftig lösen konnte.

Die Situation, die ich schildern möchte, spielte sich vor ungefähr 3 Jahren ab. Ausgangspunkt war, dass ich mit drei Freunden in der Eissporthalle in Chemnitz Schlittschuhlaufen war. Damals war ich 16 Jahre alt und meine Freunde waren beide 18. Es war ein ganz normaler Samstagabend und wir hatten sehr viel Spaß. Als wir dann gegen 22 Uhr zu unserem Auto zurücklaufen wollten, sahen wir eine Gruppe von ca. 6 Jugendlichen auf uns zu kommen. Diese waren zwischen 20 – 25 Jahre alt, ziemlich angetrunken, randalierten und schienen auch eine rechtsgerichtete Einstellung zu haben. Das schlossen wir daraus, dass die Jugendlichen Bomberjacken, Springerstiefel und auch sehr kurze Haare hatten. Wir hingegen waren und sind Anhänger der Gothic-Szene und waren schwarz gekleidet. Wir beschlossen, die Straßenseite zu wechseln, denn wir hatten keine Lust mal wieder ein paar aufs Maul zu kriegen, nur weil wir andere Kleidung, eine andere Ansicht oder einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Doch auch die Gruppe wechselte die Straßenseite und folgte uns nun. Als wir das bemerkten bekamen wir schon ein ungutes Gefühl, denn wir hatten schon mehrere Begegnungen mit solchen Jugendlichen hinter uns. Also versuchten wir uns so schnell wie möglich aus dem Staub zu machen. Wir rannten zunächst die Hauptstraße entlang mit der Hoffnung ein vorbeifahrendes Auto würde vielleicht anhalten und uns helfen, aber alle Autos fuhren vorbei, obwohl man genau sehen konnte, dass wir verfolgt wurden. Je länger diese Jagd dauerte, umso mehr Panik bekamen wir. Wir konnten nicht einmal untereinander klären, was wir nun tun sollten. Nur eines war klar; wir würden uns nicht trennen, denn zu dritt gegen sechs ist besser als allein gegen diese bestehen zu müssen. Leider mussten wir nach kurzer Zeit die Hauptstraße verlassen, denn das Auto stand in einer kleinen Nebenstraße. Als wir dann noch ungefähr 800m von unserem Auto entfernt waren, hatte uns die Gruppe doch noch eingeholt. Wir hatten schon wieder Hoffnung, doch noch heil aus der Situation heraus zu kommen, aber es sollte wohl nicht sein. Jedenfalls die Gruppe hatte uns eingeholt und uns sofort umstellt um zu verhindern, dass wir nochmals versuchen zu entkommen. Was nun folgte, war nichts Neues für uns. Jeder von uns musste erst einmal ein paar Schläge einstecken. Ich bekam, nachdem sie uns verbal provozierten und uns anrempelten, einen Schlag in den Magen und mehrere in die Gegend der Nieren aber ich konnte mich auf den Beinen halten um so zu verhindern, dass sie auf mich eintreten können. Meinen Freunden erging es nicht viel anders. Sie mussten auch Schläge in den Bauch, ins Gesicht und sogar Tritte einstecken. Doch wir nahmen die Schläge und Tritte hin ohne zurückzuschlagen. Wir wussten, sobald wir uns wehren würden, hätten sie einen Grund noch mehr und vor allem noch härter auf uns einzuschlagen. Ich bemerkte dann irgendwann, dass einige dieser Jugendlichen Eishockeyschals trugen und mir fiel ein, dass an diesem Tag der ETC Crimmitschau ein wichtiges Spiel gewonnen hatte. Ich weiß im Nachhinein gar nicht mehr wie ich das bemerkt habe und was mir in diesem Moment durch den Kopf ging, aber vielleicht habe ich darin eine Möglichkeit gesehen mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Also versuchte ich ein Gespräch ins Rollen zu bringen, ohne zu wissen, ob und wie das funktionieren sollte oder ob es überhaupt funktionieren würde. Ich begann also einen der Jugendlichen auf seinen Schal anzusprechen und ob er denn Eishockeyfan sei und das Spiel gesehen hat. Zu Beginn wollte keiner der Jugendlichen so recht darauf eingehen, denn schließlich muss ja eine Gruppe geschlossen zusammenhalten, aber dann passierte für mich das Unvorstellbare. Einer der Jugendlichen begann mit mir zu reden. Ich war völlig überrascht, denn es hatte zunächst den Anschein gehabt, als würde keiner der Jugendlichen darauf eingehen. Aber er antwortete mir auf meine Fragen und war auch sichtlich stolz, dass der ETC das Spiel gewonnen hatte. Je länger ich nun mit ihm redete und auch ich ihm sagte, dass ich den ETC gut finde und mich freue, dass dieser gewonnen hat, umso weniger wurde ich attackiert. Nun versuchte ich auch meine Freunde in das Gespräch mit einzubinden, um zu erreichen, dass auch sie nicht mehr attackiert würden. Und es funktionierte. Wir unterhielten uns nun über Eishockey, den ETC Crimmitschau und das gewonnene Spiel. Am Ende hatten wir es geschafft die Gruppe in ein Gespräch zu verwickeln und so zu verhindern, dass wir weiterhin zusammengeschlagen werden. Wir waren echt froh, dass es diesmal so gut ausgegangen war und konnten endlich nach Hause fahren. Ich weiß nicht mehr in welcher Zeitspanne sich das alles zugetragen hat aber es war für mich das erste mal, dass ich einen solchen Konflikt (gütekräftig) lösen konnte und es bestärkte mich in meiner Auffassung, dass man versuchen sollte, Konflikte immer auf eine solche Art und Weise zu lösen. Ich hatte zwar auch vor diesem Zeitpunkt schon die Meinung, dass es sinnvoller ist, Konflikte auf friedlicher Basis zu lösen als sich durch Gewalt leiten zu lassen, aber es hatte nie wirklich funktioniert. Aber an diesem  Abend hat es das und es war ein tolles Gefühl.

Dirk Lemke (aufgeschrieben im Juli 2002)

Weihnachten 2014 –in Bethlehem und bei uns …

Am 4. September 1997 wurde Smadar Elhanan, 13-jährige Enkelin eines im sog. Sechstagekrieg führenden israelischen Generals, von zwei jungen palästinensischen Selbstmordattentätern umgebracht. Reporter fragten Smadars Mutter nach Rache und Vergeltung. Ihre Antworten öffneten Miko Peled, dem Sohn des Generals, die Augen und könnten heute den Menschen in Israel und Palästina die Augen öffnen – und uns hier in diesen Weihnachtstagen:

"Keine echte Mutter würde wollen, dass so etwas einer anderen Mutter wider-fährt. Sprecht mir nicht von Rache. Mutterschaft ist eine vereinende Macht. Sie durchdringt alle Unterschiede, die zwischen uns bestehen mögen." Und: "Meine Regierung ist verantwortlich. Meine Regierung trieb die beiden jungen Männer zu einem solchen Grad an Verzweiflung, dass sie sich das eigene Leben nahmen und das Leben anderer, unschuldiger Menschen mit sich nahmen, zu denen ein 13-jähriges Kind gehört. Die brutale Unterdrückung, unter der die Palästinenser unseretwegen leben müssen, ist die Ursache für das Geschehene. Wenn wir nicht wollen, dass dies geschieht, müssen wir die Unterdrückung aufheben."

Aus Miko Peleds am 17.07.2014 veröffentlichter Rede, die er zu Vorstellung seines Buchs
"The General's Son" gehalten hat. Das 45-minütige Video (mit U-Titeln) hierzu erhält man über
https://www.youtube.com/watch?v=WF_AsxQLijY 64372-Wembach, den 18.12.14 – C.R.

Weltkarte der Gewaltfreiheit / Weltkarte der Hoffnung von Birgit Berg

Weltkarte der Gewaltfreiheit von Birgit Berg

Birgit Berg (Wortwerkstatt Poesie & Politik, Stuttgart), hat 1997 viele Fälle von gewaltfreien Veränderungen weltweit dokumentiert. Die Ereignisse hat sie in der Weltkarte der Gewaltfreiheit / Weltkarte der Hoffnung zusammengestellt.

Sammlung von Ereignissen in Deutschland
Sammlung von Ereignissen in Europa
Sammlung von Ereignissen in Nordamerika
Sammlung von Ereignissen in Lateinamerika
Sammlung von Ereignissen im 20. Jahrhundert

Weltkarte der Gewaltfreiheit von Birgit Berg
Hoffnungsereignisse aus der Geschichte gewaltfreier Veränderungen,
1997 zusammengestellt von Birgit Berg, Wortwerkstatt Poesie und Politik, auf der
Weltkarte der Gewaltfreiheit / Weltkarte der Hoffnung

Die Geschichte gewaltfreier Veränderungen
 ist neu zu entdecken...
 ist umfangreicher als je vermutet - sie umfasst Tausende Beispiele - hier nur eine Auswahl von 150 aus dem 20. Jahrhundert
 ist noch fast unbekannt - Geschichtsschreibung und -unterricht sind bisher vorrangig Geschichte der Gewalt, der Schlachten, Herrscher und Eroberungen...
 ist die Geschichte von verhinderten Kriegen, vermiedenen Schlachten, gestürzten Tyrannen...
 handelt nicht mehr von „großen Männern", sondern auch von kleinen Völkern, Gruppen, Unbekannten, Frauen, Kindern – von den Betroffenen – von Mut und Schicksalen von Hunderttausenden...
 ist ERD-CHRONIK, international, weltweit...
 macht bewusst, wieviel schon gewaltfrei erreicht wurde: die Abschaffung der Menschenfresserei, der Sklaverei, der Duelle... wieviel gewaltfrei erst erkämpft werden musste: Frauenwahlrecht, Kriegsdienstverweigerung, Arbeitsrecht... und wieviel noch zu erringen und erreichen ist...
 zeigt erste Ansätze zu einem „Bündnis der Betroffenen"...
 macht Einzelerscheinungen erkennbar als Beiträge zu einer Gesamtentwicklung gewaltfreier Veränderung: den Fall der Berliner Mauer wie das Gewehre-Zerbrechen in Neu-Kaledonien...,
weltweite Schritte gegen Atommacht, Krieg, Unterdrückung, Vernichtung...
den Stopp von Naturzerstörung an vielen Orten...
eine unsichtbare Menschenkette der gewaltfrei Handelnden...
 ist ein wachsendes Mosaik der phantasievollen Aktionen, Ideen, Wagnisse, Formen...
 ist konstruktiv: zu dem Widerstand gegen Bedrohung kam meist das Entwickeln für Lebenswertes...
 ist der Beweis, dass aktive Gewaltfreiheit Erfolge bewirken kann...
 lässt Veränderungskraft und eine eigene Qualität der gewaltfreien Haltung erkennen
 hat ein „Know how" gewaltfreier Methoden und Konzepte als Hintergrund
 ist Impuls für persönliche Durchsetzungskraft und Strukturen neuer Politik
 ist erst am Anfang ihrer Möglichkeiten...



Donnerstag

FREIeHEIDe kippt Bombodrom – nach 17 Jahren Widerstand! – doch wahre Wunder dauern länger…

Roland Vogt
Schweinrich, Kyritz-Ruppiner Heide, Kreis Ostprignitz-Ruppin/Land Brandenburg, am 23.August 2009:

„Ist das nicht  ein Wunder? ruft Reinhard Lampe immer wieder in die Menge. Er zählt alle Elemente des erfolgreichen Widerstands gegen das Bombodrom auf und antwortet jedes Mal: „Ja, das ist ein Wunder!“ Ein kleiner Gospelchor auf der Bühne der Festwiese am Dranser See  gibt mit einem langgezogenen „Ay-meen!“das Echo. Nach einigem Zögern stimmen mehr und mehr der über tausend Bombodrom-Gegner swingend und singend ein: „ Amen“, wahrlich so sei es.

Offensichtlich steht die Bürgerrechtsbewegung Martin Luther Kings hier Pate. Und das passt. Eine durchdachte, gewaltfreie Strategie hat den Menschen dieser Region, einfachen Bürgerinnen und Bürgern „mit Erde an den Füßen“, einen wohlverdienten, hart erarbeiteten Erfolg geschenkt. David hat Goliath ein weiteres Mal in die Knie gezwungen. Aber es hat gedauert…

Und Schweinrich, das Dorf am Rande der Kyritz-Ruppiner Heide und am Dranser See gelegen, ist der richtige Ort, diesen Etappensieg auf dem Weg zur freien Heide zu feiern. Genau hier hatten Bombodrom-Gegner am 15 August 1992 erstmals gegen die Pläne der Bundeswehr für einen Luft-Boden-Schießplatz protestiert. Im „Dorfkrug“ dieser Gemeinde war vor genau 17 Jahren die Bürgerinitiative FREIeHEIDe gegründet worden. Und in Schweinrich war der langjährige Vorsitzende der Bürgerinitiative FREIeHEIDe, mein Freund Helmut Schönberg, Bürgermeister. Er wurde am 11. Juni 2004 im Alter von 62 Jahren jäh aus dem Leben gerissen. Möglicherweise war es eine verschleppte Grippe, die sein Herz so sehr geschwächt hatte, dass er ganz plötzlich einen Schwächeanfall erlitt und kurz danach gestorben ist. Für mich war sein Tod auch ein Symptom für den permanenten Ausnahmezustand, in dem derart aktiv Widerstand leistende Menschen leben. Dazu gehört Selbstausbeutung bis zum Gehtnichtmehr, Vernachlässigung des Privatlebens – und auch der eigenen Gesundheit.   

In Schweinrich begann auch meine Beziehungsgeschichte zu dieser Region und ihren Menschen, langjährigen Weggefährten im aufrechten Gang.

Im Juni 1992 beauftragte mich der Bevollmächtigte des Brandenburger Ministerpräsidenten für den Abzug der sowjetischen Streitkräfte und Konversion, Helmut Domke, mit den Bürgermeistern der Anliegergemeinden des ehemaligen Bombodroms zwischen Wittstock, Neuruppin und Wittstock die neue Lage zu erläutern, die sich aus dem Sinneswandel des Bundesministers der Verteidigung ergab. Ich war damals als Referatsleiter für Konversion in der Staatskanzlei dem Arbeitsstab  Dr. Domkes zugeordnet. Im Februar hatte das Bundeswehrkommando Ost dem für das Gebiet zuständigen  Landrat Christian Gilde, auf dessen gezielte Anfrage  zu Vorhaben auf der Kyritz-Ruppiner Heide noch erklärt, die Bundeswehr strebe grundsätzlich keine Übernahme von sowjetischen Liegenschaften an. Im Frühjahr 1992 sickerte durch, dass der Bundesminister der Verteidigung vielleicht doch auf dem Gelände des ehemaligen sowjetischen Bombodroms einen Luft-Boden-Schießplatz errichten wollte. Am 30. Juni war es amtlich: Der „Truppenübungsplatz Wittstock“, gemeint war besagter Luft-Boden-Schießplatz, war Teil des Truppenübungsplatzkonzepts des Verteidigungsministers Volker Rühe (CDU).
Das Treffen im Schweinricher Dorfkrug mit fast allen Bürgermeistern der Anrainergemeinden rund um das ausgedehnte Militärareal beeindruckte mich durch die Entschlossenheit der Bürgermeister, sich gemeinsam gegen das Bundeswehr-Projekt aufzulehnen. Allerdings blieb offen, was die geeignete Strategie war, um ein derart folgenreiches Vorhaben der Bundesregierung abzuwenden.
Auf der Rückfahrt von dieser denkwürdigen Dienstreise reifte in mir der Entschluss, dienstlich und in meiner Freizeit alles mir Mögliche zu tun, um das deutsche Nachfolgeprojekt des sowjetischen Bombodroms zu Fall zu bringen.

Schweinrich, 5. August 1992:  Im brechend vollen Großen Saal des Dorfkrugs winden sich  Offiziere der Bundeswehr, um einer aufgebrachten, widerspenstigen Menschenmenge die Segnungen  und die Harmlosigkeit des geplanten Luft-Boden-Schießplatzes nahezubringen: Investitionen in Millionenhöhe, um das von den sowjetischen Streitkräften hinterlassene Bombodrom von Munition zu befreien. Soldaten, vielleicht eine Garnison in Wittstock, die Kaufkraft in die Region bringen, Offiziere, die für ihre Familien Häuser bauen oder mieten.
Schießübungen am Boden und aus der Luft ja, aber soft und selten, keineswegs so laut und rücksichtslos wie das die Rote Armee gemacht habe…

Die Menschen im Saal lassen sich nicht beeindrucken. Sie sind vor allem aufgebracht, dass die Bundeswehrführung erst erklärt hat an ehemaligen sowjetischen Übungsplätzen kein Interesse zu haben und nun doch auf das Bombodrom-Gelände will.
Martina Rassmann meldet sich energisch zu Wort: „ Wir haben darauf vertraut, dass die Bomberei mit dem Abzug der russischen Streitkräfte endgültig vorbei ist. Nur deshalb haben wir,  mein Mann und ich, gewagt, ein ehemaliges Betriebsferiengelände zu übernehmen, um damit für unsere Familie eine neue Existenz aufzubauen. Der Platz ist in Kagar, auf der anderen Seite des Bombodroms, ganz nah beim Großen und Kleinen Zermitten-See und auch nicht weit vom Dolgow-See. Wir wollen dort einen modernen attraktiven Campingplatz einrichten. Aber seit bekannt ist, dass die Bundeswehr doch wieder bomben will, ist keine Bank in der Region bereit, uns einen Kredit zu geben. Ein Feriengast vermittelte mir schließlich  einen Kredit einer Frankfurter Bank von zunächst einer Million Deutsche Mark.  Familienmitglieder und Freunde leisten dafür Bürgschaft. Wenn Sie nun mit Ihren Tieffliegern kommen, Raketen auf das Bombodrom abschießen und Bomben werfen,  bleiben  unsere Gäste weg. Und andere kommen erst gar nicht. Dann sind wir erledigt. Wir können den Kredit nicht zurückzahlen. Wie soll ich unseren Bürgen dann noch in die Augen sehen?  Und meine Familie geht pleite. Ich hab keine ruhige Nacht mehr.“ Betroffenheit und lang anhaltender Applaus. Den Bundeswehrvertretern fällt nichts mehr ein.

Die Argumentation von Martina Rassmann lässt mich aufhorchen. Wenn es mehreren Unternehmerinnen und Unternehmern in der Region genauso ergeht wie ihr und ihrer Familie, ist  ernsthafter und dauerhafter Widerstand gegen das Bundeswehrprojekt  möglich. Allerdings nur, wenn die Betroffenen etwas wagen, zum Beispiel ihre Zwangslage öffentlich zu machen. 
Genau so war es doch auch im Larzac, im südfranzösischen Okzitanien, wo ich im Sommer 1974 miterlebte, wie phantasievoll die Einheimischen sich gegen die massive Ausweitung eines Truppenübungsplatzes wehrten, weil das ihre Existenz zerstört hätte. Und so war es auch in Wyhl am Kaiserstuhl ab 1974/75, wo sich die Menschen in ihrer angestammten Lebensweise und ihrer wirtschaftlichen Existenz durch ein geplantes  Atomkraftwerk bedroht fühlten. In beiden Fällen führten Strategien gewaltfreien Widerstands und die Bereitschaft zum zivilen Ungehorsam zum Erfolg.


Info 1 - Larzac:

Im Larzac, einer Hochebene hundert Kilometer nördlich von Montpellier, wollte die französische Regierung  in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts einen Truppenübungsplatz erheblich erweitern. Die Region lag einigen Leserinnen und Lesern vielleicht schon einmal auf der Zunge:in Gestalt des würzigen Roquefort-Käses.
Er wird aus Schafsmilch gewonnen und in Höhlen des Berges Combalon nahe dem Ort Roquefort zum Reifen gebracht.
Durch die Pläne der Zentralregierung, die auf Enteignung der Felder und des Weidegeländes
hinausliefen, fühlten sich die Farmer in ihrer Existenz bedroht. Einige schon zum zweiten Mal in ihrem Leben. Hatten sie doch nach der Unabhängigkeit Algeriens dort ihre Farm verloren und sich im Larzac eine neue Existenz aufgebaut.
Inspiriert durch Lanza del Vasto, der eine Zeit lang Mitstreiter Gandhis in Indien war und nach dem Zweiten Weltkrieg in Südfrankreich die Gemeinschaft der Arche gestiftet hatte, entwickelte die verschworene Gemeinschaft von 103 Farmern eine mit bäuerlicher List gepaarte, gewaltfreie Widerstandsstrategie. Ganz Frankreich lachte über die Schafe aus dem Larzac, die , bei Nacht und Nebel nach Paris verfrachtet , auf dem Marsfeld unter dem Eiffelturm grasten. Die Hauptstadt-Polizisten hatten ihre liebe Not mit den dort nicht vorgesehenen Viechern, derweil die Larzac-Bauern in den umliegenden Bistros saßen und sich ins Fäustchen lachten. Die Medien hatten eine gute Story und verhalfen dem Kampf des Larzac zu landesweiter und internationaler  Aufmerksamkeit und Sympathie. Das Hochplateau des Larzac wurde schließlich im Sommer 1974 zu einer Pilgerstätte für Hunderttausende von Franzosen und anderen Westeuropäern, viele auf der Suche nach alternativen  Lebens – und Gesellschaftsentwürfen. Die Aktionen der Larzacbauern und ihrer Verbündeten waren fantasievoll, witzig und tiefgründig. Sie pflügten Felder um, die bereits durch die Zentralregierung enteignet worden waren, säten und ernteten darauf Getreide. Das waren zwar Akte des zivilen Ungehorsams aber die Polizei wagte nicht dagegen vorzugehen, nachdem der Widerstand des Larzac bereits zur nationalen Legende geworden war.
An ihr kam niemand vorbei, der im links-alternativen Lager was werden wollte – auch eine Art von Machtentfaltung. So hielt es der Präsidentschaftskandidat der Sozialisten, Francois Mitterand, für ratsam auf dem Hochplateau des Larzac zu erscheinen und zu versprechen als Präsident die Militärpläne zu stoppen.
Und er hat Wort gehalten. Für ihn war das – anders als später bei Scharping in der Kyritz-Ruppiner Heide- eine Frage der Ehre. Am 10. Mai 1981 wurde Mitterand zum Präsidenten gewählt, am 3 .Juni 1981 bestätigte die neue Regierung Mauroy offiziell den Verzicht der Republique Francaise auf das Erweiterungsprojekt.

�Info 2 - Widerstand gegen das Atomkraftwerk WYHL am Kaiserstuhl:

Das Badenwerk, ein machtvolles Energieversorgungsunternehmen, wollte in der Rheintalgemeinde Wyhl am Kaiserstuhl ein Atomkraftwerk errichten. Anfang 1975 war ein Teil des Auewaldes schon gerodet, die Baumaschinen standen bereit. Das Komitee der badisch-elsässischen Bürgerinitiativen rief zum gewaltfreien Widerstand auf. Eine neun Monate andauernde Bauplatzbesetzung führte schließlich zum Nachgeben der Betreiber und der Landesregierung von Baden-Württemberg.  Ministerpräsident Filbinger hatte noch im Februar 1975 prophezeit: „Wenn Wyhl nicht gebaut wird, gehen in Baden-Württemberg die Lichter aus“.  Nun aber sah sich seine Landesregierung genötigt, alle Aktionen des zivilen Ungehorsams straffrei zu stellen. Außerdem wirkte die Landesregierung auf das Badenwerk und seine Subunternehmer ein, auf eventuelle Schadensersatzansprüche gegen die Akteure des Widerstandes zu verzichten.
Der Nährboden des lang anhaltenden Widerstands war auch im Fall Wyhl die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz. Durch die Kühlturmnebel des Atomkraftwerks hätte sich das Kleinklima im umliegenden Weinbaugebiet erheblich verschlechtert. Der Wein, Wirtschaftsgrundlage der Kaiserstühler,  wäre nicht mehr als „von der Sonne verwöhnt“ –so der Werbeslogan der Winzerschaft - vermarktbar gewesen.
Als starke Antriebskraft kam die Sorge um Gesundheit und Leben hinzu. Im Nahbereich  atomarer Anlagen nimmt die Krebshäufigkeit , insbesondere Leukämie bei Kindern, zu, was auf die regelmäßige Niedrigstrahlung und ihre Anreicherung über die Nahrungskette im Körper zurückgeführt wird. Beide Motive erklären die  Hartnäckigkeit und Unbeugsamkeit des Widerstands einer ganzen Region. Die Alemannen im „Dreyecksland“ Elsass, Baden und Schweiz trotzten im frostklirrenden Februar 1975  Wasserwerfern, ließen sich von Strafverfolgung und Disziplinarmaßnahmen nicht beeindrucken. Sie schufen eine Widerstandskultur ohnegleichen, knüpften an regionale Traditionen an. Widerstandslieder wurden in der Muttersprache „Muodersproch“, der Alemannen gesungen. Die Grenzbevölkerung begann, ihr Dreyecksland als eigenständige europäische Region zu begreifen, die einen gemeinsamen Abwehrkampf gegen gefährliche industrielle Großprojekte und für ihre bisherige Lebensweise führte. Der Widerstand brachte neuartige Institutionen hervor wie die Volkshochschule Wyhler Wald und Radio Dreyecksland. Es dauerte nicht lange, bis  heimische Erfinder nach ersten tastenden Versuchen Anlagen Erneuerbarer Energien den Weg ebneten.

Am Ende der Versammlung spreche ich Frau Rassmann an: Ob ich die kommenden Nächte auf ihrem Feriengelände verbringen könnte? Und ob sie mich dann vielleicht gleich dorthin lotsen würde? „Kein Problem“, sagt sie. Doch habe ich einen Hintergedanken – und frage sogleich, ob sie einen Menschen kenne, dem die Leute hier vertrauen. Ich suche jemanden aus der Region, der bereit ist, die Initiative zur Gründung einer Bürgerinitiative gegen die Pläne der Bundeswehr zu ergreifen. Sie überlegt nicht lange und sagt: „Fragen Sie mal den Pfarrer Lampe in Dorf Zechlin“. In stockfinsterer Nacht fahren wir im Konvoi zum Bombodrom-Gelände. Mir wird mulmig, denn meine Gönnerin steuert auf einen Kontrollposten der sowjetischen Streitkräfte zu. Plaudert ein wenig mit den Soldaten, die dort Wache schieben, gibt ihnen eine Schachtel Zigarettern – und die lassen uns einfach passieren! Wir fahren quer durchs Bombodrom und kommen auf der anderen Seite unbehelligt von weiteren Kontrollen raus – und gleich sind wir in Kagar auf dem Campingplatz Reiherholz. Meine Gastgeberin quartiert mich zum Freundschaftspreis in einer Ferienwohnung ein.
Am nächsten Morgen mache ich mich auf zum Pfarrhaus im nahegelegenen Dorf Zechlin, denn da soll Pfarrer Lampe wohnen. Es ist der 6. August, Hiroshimagedenktag. Da faste ich jedes Jahr bis zum 9. August, dem Tag, als 1945 über Nagasaki die zweite Atombombe abgeworfen worden ist. 1983 habe ich an den Gedenkfeiern in beiden Städten teilgenommen und die Spätfolgenopfer der Atombombenabwürfe, die Hibakushas, besucht. Sie haben meist keine Angehörigen mehr und siechen in Krankenhäusern dahin.
Diesmal widme ich das Fasten der Kyritz-Ruppiner Heide und dem Wunsch, sie möge vom Bombenabwurftrainig verschont bleiben. Der gestrige Abend hat mir noch einmal klargemacht was zu tun ist.
Pfarrer Lampe öffnet auf mein Klingeln. Ich trage ihm mein Begehren vor und er sagt, ich solle am Nachmittag wiederkommen. Die Pause nutze ich, um die Seenlandschaft bei Kagar zu erkunden. Der nächstgelegene Große Zermittensee hat einen weiten Sandstrand sowie Turn- und Spielgeräte. Als ich gegen halb elf ankomme, bin ich der einzige Badegast.
Um 11 Uhr lässt sich ein älteres Paar am Strand nieder. Etwas später kommt eine junge Familie mit Kindern. Vom ersten ausgedehnten Schwimmen zurück am Strand und meiner nassen Badehose überdrüssig entdecke ich einen Wegweiser zum Nacktbadestrand. Der liegt am Kleinen Zermittensee. Ja, bin ich denn im Paradies? Vor mir liegt ein wunderschöner kleiner See mit rundum intaktem Schilfgürtel. Außer mir keine Menschenseele. Auch die Enten nehmen keinen Anstoß an einem nackten Mann mit Bart. So statte ich den Seerosen einen Höflichkeitsbeschwimm ab. Entdecke ein halbhavariertes anscheinend herrenloses Boot, mit dem ich den See umrunden kann. Nachdem ich das Boot mit dankbaren Gefühlen für den Überlasser wieder vertäut habe, sammle ich meine Habseligkeiten und die inzwischen getrocknete Badehose am Großen Zermittensee  ein und begebe mich erneut mit noch größerer Entschlossenheit nach Dorf Zechlin . Diese paradiesische Erholungslandschaft  darf  keinem Übungsterror ausgesetzt werden. Nun geht es darum beim Pfarrer Lampe den ersten Versuch zu machen, Menschen der Region für eine gewaltfreie Widerstandsstrategie zu gewinnen. Schließlich haben mir die Bauern des Larzac und die Winzer vom Kaiserstuhl gezeigt, wie es geht. Das  Gedenken an die Opfer der ersten Atombombenabwürfe  spornt mich zusätzlich an.

Doch wie weit darf ich gehen bei Pfarrer Lampe?

Auf jeden Fall nehme ich Wolfgang Hertles Fallstudie zum Larzac mit. Darin wird mit großer Einfühlungsgabe und Sachkunde die gewaltfreie Strategie geschildert, die dort zum Erfolg geführt hat (siehe Infokasten 1).  Wenn ich das Buch überreiche, brauche ich nicht so viel zu erzählen und kann mich auf das Wesentliche konzentrieren.

Wie meine Botschaft ankam, schildert Friederike Lampe, Ehefrau von Reinhard Lampe im   Buch der Bürgerinitiative FREIeHEIDe (im Jahr 2000 veröffentlicht und inzwischen vergriffen):

„Wir saßen zu dritt in der Küche – Roland Vogt, Reinhard Lampe und ich. Nach der ersten Versammlung in Schweinrich  forderte Herr Vogt Reinhard eindringlich auf, eine Bürgerinitiative zu gründen. Er sei der richtige Mann dafür und eine Bürgerinitiative die einzige Chance, das Unheil abzuwenden. Wir ahnten, was das für uns bedeuten würde. Wir waren noch ausgelaugt von Gründungsaktivitäten einer anderen Initiative. Und der ganz normale Alltag forderte uns auch ausreichend. Reinhard ließ sich dennoch überzeugen“
(Die andere Initiative, auf die Friederike Lampe Bezug nimmt: Ehepaar Lampe wollte das märkische Pflaster in Dorf  Zechlin erhalten wissen, aber schließlich setzte sich die Autofahrerfraktion durch. Woraufhin der Pflasterstrand aus dem märkischen Dorf verschwand).

Noch in der Versammlung am 5. August in Schweinrich war zu einer Protestversammlung am 15. August am Dranser See aufgerufen worden. Ich schlug Reinhard Lampe vor, als Redner  Theodor Ebert, den Nestor der gewaltfreien Aktionsbewegung in Deutschland, einzuladen. Der Friedensforscher Ebert könne am ehesten vermitteln, was alles zu einer erfolgreichen, gewaltfreien Strategie gehöre. Außerdem sei er Professor an der Freien Universität Berlin, werde wahrscheinlich kein Honorar verlangen und habe keinen allzu weiten Weg  in die Kyritz-Ruppiner Heide. Ebert habe auch Erfahrungen mit Bürgerinitiativen. Doch es sei unabdingbar, dass er, Reinhard Lampe, persönlich bei der Versammlung am 15. August die Initiative ergreife, zur Gründung einer Bürgerinitiative aufrufe und sich dann die Namen derjenigen aufschreibe, die mitmachen wollten.

Mein Freund Theo Ebert kam und machte den Menschen Mut zum Widerstand, ließ aber keinen Zweifel daran, dass eine gewaltfreie Strategie einen langen Atem erfordere. Es könne durchaus sein, dass man sich auf 10 Jahre anstrengenden Widerstands einstellen müsse. Am Beispiel des Larzac zeigte er, dass Erfolg möglich ist, wenn alle Aktionen strikt gewaltfrei bleiben und es gelinge, die Sympathien von Bevölkerung und Entscheidungsträgern zu gewinnen. 

Reinhard Lampes Aufruf, eine Bürgerinitiative zu gründen, fiel auf fruchtbaren Boden. Etwa 30 der am Dranser See Protestierenden erklärten sich bereit, aktiv mitzumachen. 
Unter den an der Gründung der Bürgerinitiative am 23. August im Dorfkrug zu Schweinrich Beteiligten waren mehrere für die Aufgabe geeignete Führungspersönlichkeiten. Um nur einige prägende Gestalten zu nennen: der eingangs schon vorgestellte ehrenamtliche Bürgermeister von Schweinrich, Helmut Schönberg, Pfarrer Benedikt Schirge, bis heute Sprecher und in der öffentlichen Wahrnehmung „das Gesicht der FREIenHEIDe“ und die –in- zwischen verstorbene- Annemarie Friedrich, eine ehemalige Oberschullehrerin aus der Region. Sie ging als die „Großmutter der FREIenHEIDe“ in die Annalen des Widerstands  ein.
Die Bürgerinitiative oder etwas Ähnliches wäre wahrscheinlich auch ohne mein Einwirken zustande gekommen. Sehr viele Menschen in der Region suchten nach Methoden, ihre Ablehnung der Neuauflage des neuen, nun deutschen Bombodroms wirksam werden zu lassen. Sie vertrauten den Ortsbürgermeistern, die in ihrer Mehrheit bereits öffentlich ihre Entschlossenheit erklärt hatten, gegen die Bundeswehrpläne vorzugehen. Auch der Wittstocker Landrat Gilde, zugleich Landtagsabgeordneter der SPD, bezog entschieden Position gegen das Bundeswehrprojekt. Doch als Landrat hätte er leicht in Schwierigkeiten geraten können, wenn er protestierenden Mitbürgern zugleich als Sympathisant des Widerstands und als Sachwalter der öffentlichen Ordnung begegnet wäre. Mir war von Anfang an klar, dass beim zweistufigen Aufbau der Landesverwaltung in Brandenburg, wo es keine Regierungspräsidien als Vollstrecker  der Landeshoheit gibt, Landräte und Bürgermeister in konkreten Widerstandssituationen Loyalitätskonflikte auszustehen haben würden, die auch bei höchster Integrität der handelnden Persönlichkeiten zum Hemmnis für den Bürgerwiderstand hätten werden können. Christian Gilde sah das genau so und war froh und erleichtert darüber, dass mit der Bürgerinitiative ein neuer Akteur die Bühne betrat.

Die Bürgerinitiative FREIeHEIDe   

1.Ein Drehbuch für die Protestwanderungen

Nachdem Reinhard Lampe für die Idee der Gründung einer Bürgerinitiative gewonnen war, ging er gemeinsam mit seiner Ehefrau Friederike, von Beruf Psychotherapeutin, ans Werk.  Mich hatte das Paar schon bei der ersten Begegnung stark beeindruckt. Die beiden sind Eltern von zwei reizenden Mädchen, die bei meinem überfallartigen Besuch  im Garten spielten und hin und wieder in der besagten Küche aufkreuzten. Positiv berührte mich, dass Reinhard nicht gleich zusagte, die ihm angetragene Rolle zu übernehmen, sondern dass er sich erst einer gemeinsamen Entscheidung mit Friederike vergewissern wollte.  Das Ehepaar Lampe war, wie sich herausstellen sollte, ein Glücksfall in der Gründungsphase der Bürgerinitiative.

Aber lassen wir Friederike Lampe selbst zu Wort kommen:

„… Nun ging die gedankliche Vorbereitung los. Tagelang haben wir über den Namen nachgegrübelt. Freunde einbezogen, bis Reinhard den Geistesblitz FREIeHEIDe hatte. Und mich hatte es auch gepackt. Das könnte ja eine tolle Sache werden, wenn wir – die potentiell Gleichgesinnten – Spaß miteinander hatten und wenn wir eine Struktur fänden, die dann eine Eigendynamik entwickelte. … Was ich nicht wollte, war ein bedeutungsschweres, humorloses, fanatisches, kämpferisches „Nun zeigen wir es denen mal“. Und dazu gehört für mich auch die Sprachkultur jenseits von „Demo“ und Marschieren… Ich stellte mir immer wieder die Frage, wofür anstelle wogegen wir aktiv werden. Und da fiel uns – übrigens während eines Spazierganges!- eine ganze Menge ein: Wir haben diesen Schatz einer wunderschönen Landschaft, also warum nicht beim miteinander Gehen und Wandern uns dessen erfreuen?
Und wir haben Dörfer mit ihrem jeweils eigenen Charakter, mit ihren von den Vorfahren teilweise selbst erbauten Kirchen (meist Feldsteinkirchen; Anm. d. Verf.).  Und dort ist ein guter Ort für den Beginn. Ein Ort zum Musizieren, für gute Gedanken, für Informationen und- für alle, die es wollen- ein Ort für den Segen. Also, wie wäre es, wenn wir uns am immer gleichen Sonntag im Monat in der jeweiligen Kirche versammelten und von dort aus zur Schießplatzgrenze wanderten? Ringsherum? Und, wenn nötig, nach einem Jahr wieder beim Ausgangsdorf anfingen? Damit war das Motto klar:

Auf dem Weg zur FREIenHEIDe.(Hervorhebung durch d. Verf.)

Und die Schießplatzgrenze konnte doch ein Ort werden, wo wir unsere Lebensfreude spüren, tanzen zum Beispiel. Und wir sollten ein sichtbares dauerhaftes Zeichen setzen…
Wir haben Holz, Bäume. Also warum nicht jedes Mal eine Mahnsäule errichten?“

Das von den Lampes entwickelte Konzept überzeugte die Mitglieder der Bürgerinitiative in Gründung und wurde fortan zum verbindlichen Muster der Protestwanderungen.
Bei der Gründungsversammlung am 23. August 1992 konnten schon Arbeitsgruppen zur Vorbereitung der ersten Protestwanderung gebildet werden. Sie fand am Sonntag, dem 13. September, in Dorf Zechlin statt und Reinhard Lampe hielt die erste Andacht für die FREIeHEIDe in seiner Kirche. Mit seiner mitreißenden Andacht am 23. August 2009 am Dranser See schloss sich für viele von uns  der Kreis nach 113 Protestwanderungen.

2. Grundlagen eines lang andauernden zivilen Widerstands

Wie konnte es gelingen, dass einfache Bürgerinnen und Bürger in einer dünn besiedelten Region 17 Jahre lang ihre Heimat gewaltfrei und schließlich erfolgreich gegen ein Großprojekt des Staates zu verteidigen wussten? Dass sie Macht entfalteten? Denn wenn Macht die Fähigkeit ist, einen Anderen auch gegen seinen Willen zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen zu bewegen, dann haben die Bürgerinitiative FREIeHEIDe und ihre Bündnispartner Macht ausgeübt.

Allein, dass die Luftwaffe so lange gehindert wurde, das Vernichten von Bodenzielen zu üben, ist schon ein Achtungserfolg.

Gekrönt aber wird der Erfolg, als der Bundesminister der Verteidigung, Franz Josef Jung,  am 9. Juli 2009 auf einer Pressekonferenz verkündet, „ … dass die Bundeswehr auf die Nutzung von Wittstock als Luft-Boden-Schießplatz verzichten wird“ (genauer Wortlaut siehe Info-Kasten 3)


Info 3 - Originalton Jung am 9. Juli 2009, flankiert vom Generalinspekteur der Bundeswehr, Schneiderhahn, vor der Presse:

„Wir haben hier sehr sorgfältig die Erfolgsaussichten überprüft, aber natürlich auch die Sicherstellung der Einsatzbereitschaft unserer Luftwaffe. Und in diesem gesamten Abwägungsprozess kommen wir zu dem Ergebnis, dass die Bundeswehr auf die Nutzung von Wittstock als Luft-Boden-Schießplatz verzichten wird, das heißt keine Revision gegen dieses Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin/Brandenburg einlegen wird… Wir sind auch der Auffassung, dass nach 15 Jahren auch der gerichtlichen Auseinandersetzung , damit verbunden auch der Nichtnutzung des Luft-Boden-Schießplatzes Wittstock durch die Bundeswehr und auch unter Berücksichtigung der Petitionsentscheidung des deutschen Bundestages eine Realisierung des Luft-Boden-Schießplatzes Wittstock nicht mehr möglich ist… “   

(Anm. d.Verf.: Mit „Wittstock“ oder „Luft-Boden-Schießplatz Wittstock“ ist das 142 Quadratkilometer große Areal in der Kyritz-Ruppiner Heide zwischen den Städten Wittstock, Neuruppin und Rheinsberg gemeint. Die Bundeswehr nannte ihr Vorhaben Luft-Boden-Schießplatz, die Gegner dieses Unterfangens sprachen in Anlehnung an den früheren sowjetischen Bombenabwurfplatz meist vom Bombodrom)

Für das lange Durchhaltevermögen der FREIeHEIDe-Bewegung und den schließlich erreichten Verzicht des Bundesministers der Verteidigung auf einen Luft-Boden-Schießplatz in dieser Region waren mehrere Komponenten maßgebend:
- ein klares Ziel;
- der unerschütterliche Glaube der Akteure des Widerstands, dass dieses Ziel erreichbar ist ;-eine gekonnte gewaltfreie Strategie;
-Inspiration, Führung und Integration durch Persönlichkeiten natürlicher  Autorität;
-eine verlässliche Kerngruppe, die für das Gelingen der Protestwanderungen und anderer Aktionen verantwortlich zeichnete;
-spektakuläre Bilder, mit denen die FREIeHEIDe immer wieder in die Medien kam, etwa wenn Tausende Teilnehmer gemeinsam das  Peace-Zeichen bildeten; 
-die Fähigkeit , das Protestwandern an Ostern zum größten Ostermarsch in Deutschland anwachsen zu lassen;
-das Wecken großer Spendenbereitschaft von Sympathisantinnen und Sympathisanten überall in Deutschland,
-das Gewinnen von Bündnispartnern in allen Schichten der Bevölkerung und länderübergreifend, wovon Initiativen wie die Unternehmerinitiative „pro Heide“ und die Mecklenburger Initiative „Freier Himmel“ Zeugnis ablegen;
- und letztlich ist nicht auszuschließen, dass die Ankündigung massenhaften zivilen Ungehorsams durch die Kampagne „Bomben nein-wir gehen rein“ Eindruck auf Entscheidungsträger gemacht hat. Im Rahmen dieser Kampagne hatten sich 2000 Menschen durch Unterschrift bereiterklärt, bei Übungsbeginn ins Bombodrom-Gelände einzudringen. Dadurch, so  die Einschätzung der Initiatorinnen und Initiatoren, wurde dokumentiert, dass selbst im Fall einer juristischen Niederlage die Bewegung nicht resigniert. Vielmehr hätte der Widerstand mit gewaltfreiem zivilem Ungehorsam eine neue Qualität bekommen.

Das Geheimnis des Erfolgs wird wohl im Zusammenwirken all dieser Faktoren liegen oder, anders gesagt: in der Fähigkeit der Widerstandsbewegung, alle verfügbaren Register gewaltfreien Handelns zu ziehen.

Garanten des Erfolgs: Erstklassige Verwaltungsrechts-Anwälte und richterliche Rechtsfortbildung

Ganz entscheidend jedoch sowohl für das lange Durchhalten als auch für den Erfolg nach 17 Jahren Widerstand war der Einsatz exzellenter Anwälte für die Sache des Widerstands. Auf meine Empfehlung hatte Christian Gilde den Berliner Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Reiner Geulen, dafür gewinnen können, das Mandat für den Landkreis Ostprignitz-Ruppin zu übernehmen. Geulen war mir in den 1970er Jahren aufgefallen, als er der Bürgerinitiative für die Erhaltung des Spandauer Forsts geholfen hat, ein Kohlekraftwerk zu verhindern. Am 27. Januar 1994 erhebt Rechtsanwalt Reiner Geulen im Namen des Landkreises Ostprignitz-Ruppin, der Gemeinden Gadow und Schweinrich, der Kirchengemeinde Dorf Zechlin und dreier betroffener Grundstückseigentümer vor dem Verwaltungsgericht Potsdam Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland mit dem Ziel, die Weiternutzung des ehemaligen russischen Bombenabwurfplatzes durch die Bundeswehr zu untersagen. Geulen  gewinnt schließlich im Fall der Kyritz-Ruppiner Heide,  gemeinsam mit seinem mittlerweile hinzugewonnenen Sozius Remo Klinger, sage und schreibe 27 Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland. Inzwischen haben sich die beiden Anwälte den Ruf erworben, mit geradezu magischer Fähigkeit Prozesse gegen umweltschädliche und unsinnige Projekte zu gewinnen. Eines der Geheimnisse ihres Erfolges ist, dass sie mit untrüglichem Spürsinn die Fehler und Schwächen in den Planungen der Gegenseite aufdecken. Im Fall der Kyritz-Ruppiner Heide hat ihnen nicht zuletzt die Arroganz von Bundeswehrjuristen in die Hände gespielt, die partout nicht einsehen wollten, dass auch die militärische Seite sich nicht über die Beteiligungsrechte betroffener Bürger und Gemeinden hinwegsetzen darf. Während der gesamten Dauer der gerichtlichen Auseinandersetzungen hatte ich die Sorge, dass alle vier Minister der Verteidigung sich auf der sicheren Seite wähnten, weil es nach Entspannung, Wende und Vereinigung politisch versäumt worden war, die das Militär privilegierende Rechtsordnung  aus der Zeit des Kalten Krieges an die neue Weltlage anzupassen. Geulen und Klinger ist hoch anzurechnen, dass sie solche Zweifel nie an sich herangelassen haben, unerschütterlich an den Erfolg glaubten und mit dieser Zuversicht sowohl die Menschen im Widerstand angesteckt  als auch die  Richterinnen und Richter überzeugt haben. 
Die Lehre für alle, die vergleichbare Probleme zu lösen haben, ist: Nehmt nicht irgendwelche Anwälte, sondern die besten und sorgt dafür, dass Ihr sie auch bezahlen könnt!
Und die Botschaft mag –frei nach dem Ausspruch des Müllers von Sanssouci- lauten: Es gibt noch Richter in Berlin und Brandenburg! 

3. Lernen im Widerstand

Wie und wo lernen Menschen? Gewiss: in der Familie, auf der Straße, in  Schule, Universität, und Berufsausbildung  und schließlich in der Arbeitswelt, wenn dafür die Chance geboten wird. Sicher auch lebenslang, von der Kindheit bis ins Greisenalter. Rasant beschleunigt wird aber, so finde ich, das Lernen bisweilen durch die Agentur der Liebe und die Agentur des Widerstands. Gemeinsam ist beiden, dass es sich um Ausnahmezustände handelt. Vom Lernen in der Liebe soll hier nicht berichtet werden. Aber vom Lernen im Widerstand. Im  Larzac und in Wyhl, erst recht aber in der Kyritz-Ruppiner Heide, hat sich gezeigt: Die aktive Teilnahme an dieser Art von Widerstand beschleunigt das Lernen enorm. Das, was in kurzer Zeit über Demokratie und Rechtstaat erfahren wurde, hätte in dieser Intensität auf keiner juristischen oder politologischen Fakultät gelernt werden können, auch nicht auf der Ochsentour in einer Partei. Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR hatte das –so kurz nach der Vereinigung!- eine besondere Bewandtnis, weil die Gewährleistungen und die Institutionen westlicher Demokratien für Viele Neuland waren, für manche mit hohen Erwartungen, für andere mit großer Skepsis verbunden.
Doch als es um Selbstbehauptung angesichts der Bedrohung von außen ging, waren die Sinne aller am Widerstand Beteiligter geschärft genug, um die Möglichkeiten und Grenzen der bundesdeutschen Rechtsordnung und der repräsentativen Demokratie rasant schnell zu erkennen. 
Das Besondere an der FREIenHEIDe im Vergleich zu den Fallstudien aus dem Westen ist, dass einige Mitstreiterinnen und Mitstreiter Erfahrungen mit dem durch Macht von unten erzwungenen Systemwandel einbringen konnten.
Reinhard Lampe zum Beispiel hat vor der Wende „Demokratie Jetzt“ mit initiiert und tat sich bereits 1986 als junger Vikar durch systemkritische Aktivitäten hervor.
Aber sie lernten auch schmerzlich, dass auf die große Politik kein Verlass ist. Dafür stehen die Namen Rudolf Scharping und Peter Struck. Der eine versprach als Kanzlerkandidat, der andere als Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bundestag, dass, sobald ihre Partei im Bund regiere, das Projekt Luft-Boden-Schießplatz gestoppt und die Kyritz-Ruppiner Heide für die zivile Nutzung freigegeben werde.
Durch einen wahrhaft teuflischen Schachzug des Schicksals wurden beide Politiker nacheinander Verteidigungsminister und setzten sich fortan mit aller Härte für das Projekt ihres Amtsvorgängers Rühe (CDU)  ein.

Auch das Vertrauen der Landeskinder Brandenburgs in das Wort des jeweiligen Landesvaters und einiger Minister wurde arg strapaziert. Die SPD führt seit Neugründung des Landes Brandenburg ununterbrochen die Regierung an. Eindeutig gegen den Luft-Boden-Schießplatz verhielt sie sich nur in der Ampelkoalition während der ersten Legislaturperiode. Als sie dann allein regieren konnte, verschanzte sie sich hinter dem Argument, durch Stellungnahmen als Regierung nicht in laufende Gerichtsverfahren eingreifen zu wollen. In der dann folgenden großen Koalition nahm sie hinter der CDU des ehemaligen Generals und Staatssekretärs beim Bundesminister der Verteidigung, Jörg Schönbohm, Deckung.

Kleines Wunder durch Zivilcourage im Amte

Erst im Landtagswahljahr 2004 kam auf erstaunliche Weise Bewegung ins Spiel. Wahltag war der 19. September. Im April brachte die Unternehmerinitiative Pro Heide eine Sensation zustande: Sie überzeugte Ulrich Junghanns, den CDU- Wirtschaftsminister der Brandenburger großen Koalition,  davon, dass ein Luft-Boden-Schießplatz inmitten der seen- und waldreichen Erholungsregion die aufstrebende Tourismusbranche beschädigt und allein schon die Aussicht auf das Bundeswehrprojekt ein Investitionshemmnis ist. Junghanns vollzog daraufhin einen Kurswechsel im Wirtschaftsministerium, das zuvor bei einer Anhörung - im Rahmen eines der Bundeswehr vom Verwaltungsgericht auferlegten Beteiligungsverfahrens  - den Luft-Boden-Schießplatz „mit Nachdruck“ begrüßt hatte, weil es ihn für einen bedeutsamen Wirtschaftsfaktor in einer strukturschwachen Gegend hielt. Meine Gegenvorstellungen als seit Jahren mit der Kyritz-Ruppiner Heide befasster Konversionsbeauftragter im Wirtschaftsministerium waren auf dem hierarchischen Dienstweg niedergebügelt worden.

Mit seinem Kurswechsel als Fachminister gab Junghanns auch der Landes-CDU das Signal zum Umdenken. Zugleich befreite er Brandenburgs SPD zu sich selbst. Unter dem Druck des nahen Wahltermins ließ sie sogar die Rücksicht auf die Position ihres Genossen  Struck fahren und schlug sich voll auf die Seite der Bombodrom-Gegner.

Seitdem gab es einen edlen Wettstreit der wahlkämpfenden Landesparteien um die Gunst der regionalen Bevölkerung, die ihrer Ablehnung des Luft-Boden-Schießplatzes im April 2004 durch 10.000 Demonstranten in der Fontane-Stadt Neuruppin Nachdruck verlieh.

Vor der Landtagswahl beschloss der brandenburgische Landtag auf Antrag von SPD und CDU auf Bundesebene gegen die Einrichtung des Luft-Boden-Schießplatzes vorgehen zu wollen.
Nach der Wahl bezog die erneuerte Regierung aus SPD und CDU in ihrer Koalitionsvereinbarung  Stellung gegen den „ehemaligen“ (!) Truppenübungsplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide.

Der von Junghanns herbeigeführte Kurswechsel und die von ihm ausgelöste Dynamik galten damals schon als kleines Wunder, weil niemand damit gerechnet hatte. Bemerkenswert daran ist, dass Junghanns damit auch seine politische Karriere riskierte und so ein Beispiel der in Deutschland so seltenen Zivilcourage im Amte gab.


Info 4 - „Zivilcourage“:

Der Begriff Zivilcourage wird Otto von Bismarck als Wortschöpfung zugeschrieben. 1864 soll er, wie von Keudell 1901 schreibt, aus Enttäuschung über einen Verwandten, der ihn im Reichstag nicht unterstützt hat, gesagt haben: „Mut auf dem Schlachtfelde ist bei uns Gemeingut, aber Sie werden nicht selten finden, dass es ganz achtbaren Leuten an Zivilcourage fehlt“. Nachgewiesen wird der Begriff erstmals in Frankreich als „courage civil“, Mut des Einzelnen zum eigenen Urteil, und „courage civique“, staatsbürgerlicher Mut. Der deutsche Begriff Zivilcourage umfasst beides. 
In vielen  anderen Sprachen kommt der Begriff nicht vor. So hat John F. Kennedy seine Studie über Persönlichkeiten der US-amerikanischen Geschichte, die sich durch Zivilcourage ausgezeichnet hatten, „On the Courage“ genannt. Das Wort Zivilcourage stand ihm im Englischen  nicht zur Verfügung. 

Durchbruch auf Bundesebene

Sosehr die Brandenburger Wende den Bombodrom - Gegnern neuen Auftrieb gab, auf der großpolitischen Ebene bedeutete sie noch nicht viel. Der jeweilige Bundesminister der Verteidigung wartete auf den Ausgang der Gerichtsentscheidungen und meinte dabei die besseren Karten zu haben. Dabei konnte er auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vertrauen, das im Dezember 2000 der Bundeswehr zwar bis auf weiteres den Übungsbetrieb untersagt hatte, die Übernahme des sowjetischen Übungsplatzes durch die Bundeswehr aber gleichwohl für rechtmäßig erklärte.

Wie ist zu erklären, dass der Bundesminister der Verteidigung nun so plötzlich auf das Bombodrom verzichtet, nachdem ihn zuvor 27 verlorene Gerichtsprozesse, die zwei meistbetroffenen Landesregierungen von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, der Bundesrechnungshof und eine wachsende Bürgerbewegung nicht zur Einsicht hatten bewegen können?
Hatte die brisante Mischung aus Protesten, politischer Lobbyarbeit, Gerichtsverfahren, direkten gewaltfreien Aktionen, Bereitschaft zum zivilen Ungehorsam etwa eine neue Qualität erreicht?

Es war wohl, und darauf bezieht sich Jung  in seiner verschwurbelten Erklärung vor der Presse (siehe Info 3), vor allem die Gleichzeitigkeit des zu erwartenden endgültigen Scheiterns vor dem Bundesverwaltungsgericht und des sich abzeichnenden Verlusts der Mehrheit für das Bundeswehrprojekt im Bundestag , die den Minister und die Bundeswehr zum Befreiungsschlag veranlassten. Zugleich mag es auch der Versuch der Schadensbegrenzung für seine Partei und seine eigene Karriere gewesen sein, die Jung in die Flucht nach vorn trieb. Die Onlinekampagne von Campact, einer basisdemokratische Bewegungen äußert effizient unterstützenden Agentur, wollte ursprünglich in der Woche nach dem 9. Juni Anzeigen zum Bombodrom in Zeitungen von Jungs Wahlkreis schalten. Darin hätte er nicht sehr vorteilhaft ausgesehen.

Auf der juristischen Ebene wurde der für die FREIHEIDianer entscheidende Erfolg am 27. März 2009 errungen: Das Oberverwaltungsgericht Berlin/Brandenburg bestätigte eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Potsdam. Sie lautete, dass die Bundeswehr in der Kyritz-Ruppiner Heide nicht üben darf, weil sie die Beeinträchtigungen für die Anlieger bei ihren Planungen nicht hinreichend berücksichtigt hatte.

Am 2. Juli hat der Bundestag mit großer Mehrheit entschieden, die Petitionen gegen die militärischen Nutzungspläne der Kyritz-Ruppiner Heide der Bundeswregierung „zur Erwägung“ zu überweisen.

Der Umstand, dass die Bundesregierung bisher auch auf parlamentarische Anfragen nicht bereit ist, noch vor der Bundestagswahl den vollen Verzicht auf den Truppenübungsplatz Wittstock zu erklären, gibt allerdings zu denken.

Die FREIeHEIDe-Bewegung nimmt das zu Kenntnis. Wahre Wunder dauern anscheinend  länger als 17 Jahre

Wie weiter in der Kyritz-Ruppiner Heide?

Die Botschaft der Heide ist die Heide

August 1993: Gemeinsam mit Anhängern der FREIenHEIDe durchwandere ich einen Teil des Bombodrom – Geländes. Inmitten eines Meeres blühender Heide drängt sich mir das Konversionsziel Nummer eins für diese Landschaft geradezu auf: Die Botschaft der Heide ist die Heide.

„Wer aus der Naturausstattung der Kyritz Ruppiner Heide ein auch wirtschaftlich erfolgreiches Konzept ableiten will“, so schreibe ich in das 2000 erscheinende Buch der Bürgerinitiative FREIeHEIDe, muss die Heide ‚vermarkten‘. Das heißt, sie muss zugänglich, erlebbar gemacht werden und mit einer Legende, also mit einer Geschichte verbunden werden, die Phantasie entzündet und die Sehnsucht der Menschen weckt, von denen wir wollen, das sie zu zahlenden Gästen werden.
Nur in dieser  Hinsicht folge ich dem Hinweis der militärischen Seite auf die Lüneburger Heide (- die Bundeswehr hatte diese als Beispiel für die Koexistenz von Tourismus und militärischem Üben dargestellt). Die Lüneburger Heide ist populär geworden durch das Hermann-Löns-Lied und in den fünfziger Jahren durch verschiedene Heimatfilme…

Die Legende der Kyritz-Ruppiner Heide wird zurzeit von der Bürgerinitiative FREIeHEIDe geschrieben und-vielleicht-ist das Buch der FREIenHEIDe bereits das Schlusskapitel einer Erfolgsstory, die dieser seen- und waldreichen Kulturlandschaft noch ein Highlight hinzufügt: die dann wirklich zugängliche, erlebbare freie Heide.“

14. September 2009, Tourismuskonferenz der Wirtschaftsminister von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern nach der Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung vom 9.Juli2009:

Eines der Traumziele der Tourismusexperten ist der Dreiklang von Seen, Wald und Heide als Alleinstellungsmerkmal der Erholungsregion. Dieter Hütte, Geschäftsführer der Tourismusmarketing Brandenburg, sagt, die märkische Heide, wie er die dann freie Heide wohl nennen will, könne mit der Lüneburger Heide konkurrieren. Er untertreibt: Sie ist schöner als die Lüneburger Heide. Nur ist noch verdammt viel zu tun, um sie wirklich frei zu bekommen und als Heide zu erhalten. Wenn’s denn sein muss, indem erneut alle Register des Widerstands gezogen werden. Landschaftspflegerisch, indem Vorkehrungen zum Erhalt der Heide als Heide getroffen werden.
Die Minister, der Landrat von Ostprignitz-Ruppin Christian Gilde, der Vorsitzende der Unternehmensinitiative und Bürgermeister von Neuruppin, Jens-Peter Golde, der Vorsitzende der Bürgerinitiative FREIe HEIDe, Benedikt Schirge, die Vorsitzende der Mecklenburger Initiative „Freier Himmel“, Barbara Lange, die Sprecher verschiedener Tourismusverbände, alle Rednerinnen und Redner, stimmen darin überein, dass die Region sich entschieden zur Wehr setzen wird, wenn die Bundeswehr das ehemalige Bombodrom zum militärischen Üben behalten will. Die Regierenden der beiden Bundesländer und die  Meinungsführer der Region reagieren damit auf irritierende Äußerungen der militärischen Seite; haben doch Sprecher des Bundesministers der Verteidigung wiederholt nach der Entscheidung vom 9.Juli gesagt, die Bundeswehr prüfe noch, ob sie den Truppenübungsplatz Wittstock behalten will.

Phase 2 des Widerstands, wenn Bundeswehr bleiben will

Barbara Lange vom Feien Himmel sagt, die Bürgerinitiativen FREIeHEIDe, „Freier Himmel“ und „pro Heide“ seien sich einig, dass die Phase 2 des Widerstands ausgerufen wird, wenn die Bundeswehr bleibt, um mit Bodentruppen zu üben.

Sie warnt davor, sich zu früh in Sicherheit zu wiegen.

Der Luft – Boden-Schießplatz, sagt sie, steht alternativlos im Truppenübungsplatzkonzept, da kann man nicht, wenn eine Variante gescheitert ist, einfach mit einer anderen daher- kommen. Die Steuergelder, die von der Bundeswehr für die Munitionsberäumung veranschlagt worden sind, meint sie, bleiben auch dann unsere Steuergelder, wenn die militärische Nutzung aufgegeben wird. „Einmal sollten sie in unserem Sinne eingesetzt werden“.

Damit spricht sie  mir aus der Seele. Man könnte das, was sie da in gesundem Menschenverstand fordert, auch das Klagelied aller Konversionsschaffenden in  Deutschland nennen. Die Bundeswehr gibt Geld nur aus, um sogenannte struktursichere Truppenübungsplätze von Munition freiräumen zu lassen. Als struktursicher gelten ihr nur die  Militärareale, bei denen sie sicher ist, dass darauf geübt werden darf.
Darüberhinaus besteht die  sogenannte Staatspraxis aller bisherigen Bundesregierungen, wonach der Bund lediglich  das Beseitigen reichseigener Munition finanziert.
Alles andere sei, so die Rechtsauffassung des Bundes, Sache der Länder, der Kommunen und von Privatleuten. Wenn eine alliierte Bombe unter Deinem Haus geortet wird, liebe Leserin, lieber Leser, musst Du sowohl für die Kosten des Abrisses  Deines Hauses als auch der Bergung der Bombe aufkommen. Auch den Neubau zahlt Dir niemand, schon gar nicht die Bundesrepublik Deutschland.
Um diesem Missstand abzuhelfen, hat das Land Brandenburg zweimal Gesetzentwürfe für ein Rüstungsaltlastenfinanzierungsgesetz in die Bundesgesetzgebungsmaschine eingefüttert.
Zweimal hatten wir die Mehrheit im Bundesrat. Im Bundestag wurde es beim ersten Mal beraten und dann sagten dort die Finanzexperten der Regierungsparteien:  „Oh, 
Ihr Brandenburger Schlaumeier, Ihr wollt damit noch einmal Geld, nachdem Euch der Bund die ehemaligen sowjetischen Liegenschaften geschenkt hat“. Damit hatten sie recht. Denn das Land Brandenburg hatte 1994 in einem Verwaltungsabkommen die Kosten der Altlastensanierung  für die unentgeltlich vom Bund übernommenen ehemals sowjetischen Liegenschaften abbedungen, also den Bund davon ausdrücklich freigestellt.“ OK“, sagten wir, „Ihr habt uns erwischt“. Dann haben wir den Gesetzentwurf wunschgemäß abgeändert, denn es gibt ja  noch jede Menge alliierter Rüstungsaltlasten in Brandenburg, z.B. in Oranienburg; und in anderen Bundesländern auch, liest man doch immer wieder von Bombenfunden. Das Regierungsviertel in Berlin beispielsweise ist auf einem Haufen nicht beseitigter Munition errichtet. Der passende „Spiegel“-Titel dazu lautete „Warten auf den großen Knall“.
Unsere Korrektur half nicht, die rot-grüne Mehrheit im Bundestag lehnte das Gesetz ab. Das hatte früher die schwarz-gelbe Mehrheit auch getan, nachdem die niedersächsische Landesregierung mit Schröder und Trittin für fast den gleichen Gesetzentwurf im Bundesrat eine Mehrheit gefunden hatte. Die Staatspraxis ist also gegen Änderungen, gleich aus welcher Richtung, imprägniert.

Das heißt für die Kyritz-Ruppiner Heide, sobald sie „an zivil“ freigegeben ist, dass innovative Lösungen zu ihrer Sanierung und Freigabe an die Öffentlichkeit gefunden werden müssen. Darüber wird zurzeit in der Region heftig diskutiert, auch gefachsimpelt.

Mehrere Handlungskonzepte sind für die Kyritz-Ruppiner Region und die FREIeHEIDe- Bewegung zur Zeit in der Diskussion

a) konversions- und tourismuspolitisch

- Der Bund soll die Heidelandschaft ins Nationale Naturerbe aufnehmen und dann unentgeltlich an das Land Brandenburg oder an Naturschutzstiftungen abgeben, um in der Kyritz-Ruppiner Heide  eine Kombination von Naturschutz, sanftem Tourismus und einer schonenden wirtschaftlichen Nutzung zu ermöglichen.
- Eine Bürgerstiftung oder eine HEID-Genossenschaft soll ins Leben gerufen werden, an der sich möglichst viele einfache Bürgerinnen und Bürger, Unternehmerinnen und Unternehmer mit Einlagen beteiligen. Wird ein ausreichendes Vermögen angesammelt, kann sie als Bieterin auftreten, wenn die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben das Gelände zum Verkauf ausschreibt. Von der Bürgerstiftung wird erwartet, dass sie das Gelände nach dem Erwerb nach den Bedürfnissen der Region entwickelt.
- Die Kosten der Sanierung des ehemaligen Truppenübungsplatzgeländes sollen sukzessive durch auf dem Gelände zu errichtende Anlagen erneuerbarer Energien erwirtschaftet werden, wie das bereits modellhaft auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Lieberose bei Cottbus erprobt wird.
- Mit Fördermitteln der EU, des Landes und des Landkreises soll ein Netz von Wander-, Reit- und Fahrradwegen angelegt werden; die Trassen und Seitenstreifen  sind zuvor von Munition und anderen Altlasten zu befreien, damit sie gefahrlos genutzt werden können. Beispielgebend hierfür ist die Döberitzer Heide bei Potsdam, wo das Land Brandenburg auf  Antrag des Landkreises Havelland mit EU- und Landesmitteln, kofinanziert durch den Landkreis, ein Wanderwegenetz von 25 km Länge geschaffen hat, wofür zuvor mit einem Millionenaufwand an Fördergeldern die Trassen und Seitenstreifen von Munition und anderen Schadstoffen freigeräumt worden sind.
- Auf jeden Fall muss der Bund dafür sorgen, dass  Anwohner und Gäste der Region möglichst bald die jetzt schon gefahrlos zu befahrenden und zu begehenden Straßen und Wege nutzen können und dass die sogenannte „weiße Zone“ des Areals, die als nicht mehr belastet gilt, so aufbereitet wird, dass sie gefahrlos betreten werden kann.

b) friedenspolitisch

Die friedenspolitischen Impulse, die vom gewaltfreien Widerstand ausgegangen sind und die ihn begleitet haben, sollten für alle Welt nachvollziehbar gemacht werden: durch Ausstellungen zum „Weg der FREIenHEIDe“, durch Begegnungsstätten , durch Werkstätten zum Erlernen gewaltfreier Selbstbehauptung, die es im Ansatz bereits in Gestalt der „Sichelschmiede“ um das Ehepaar Ulrike und Hans-Peter Laubenthal  gibt, durch die Erhaltung der Friedenspfarrei, die Benedikt Schirge zurzeit ausübt. Auch eine Friedensakademie in Rheinsberg, Neuruppin oder Wittstock wird erwogen. Es soll sich dabei aber nicht um eine akademische Institution im heute gebräuchlichen Wortsinn handeln, sondern um einen Ort des sehr konkreten praktischen Lernens. Für eine solche Institution sind auch andere Namen im Gespräch wie: Friedenszentrum, Friedensbildungszentrum, Volkshochschule Kyritz-Ruppiner Heide-in Anlehnung an die einstige „Volkshochschule Wyhler Wald“, die eine Zeit lang im „Freundschaftshaus“ auf dem besetzten Platz im Wyhler Wald bestanden hat. Nach dessen Räumung wurde sie  abwechselnd  in verschiedenen  Gemeinden der Widerstandsregion aufrechterhalten. 

Die Heide soll Heide bleiben und der Bund muss sich bewegen

Große Einigkeit besteht darin, dass sehr bald alles getan werden muss, damit die Heide Heide bleibt. Denn bereits jetzt werden große Anteile von ihr durch Büsche und Bäume verdrängt. Das Weiden von Schafherden, regelmäßiges Beseitigen von  Büschen und Bäumen, gelegentlich auch  kontrollierte Brandrodung, sind erprobte Mittel zur Erhaltung von Heidelandschaften.

Auf alle Fälle muss  sich der Bund bewegen und für innovative Lösungen öffnen. Nach 17 Jahren staatlich organisierten Stillstands zu Lasten der Region wollen die  Menschen dort endlich eine gefahrlos zugängliche, erlebbare freie Heide für sich und ihre Gäste.

Vom Bund werden also keine Wunder erwartet. Er soll vielmehr, verdammt noch mal, endlich seine Verantwortung gegenüber Menschen in ehemaligen Militärregionen wahrnehmen!

   
Roland Vogt ist Mitinitiator der Bürgerinitiative FREIeHEIDe und war bis 2006, als er mit 65 aus dem Öffentlichen Dienst ausscheiden musste, Konversionsbeauftragter im Wirtschaftsministerium des Landes Brandenburg

Gütekraft-Erfahrungen von Achim Schmitz - Entfaltung wohlwollender Offenheit und Empathie

1. "Im Sommer 1998 radelte ich durch eine Fußgängerzone in der Innenstadt von Oldenburg und
war durch den Abschied von jemandem, den ich gern mochte, noch bedrückt. Ein Mann riet mir
abzusteigen, da Radfahren dort verboten sei und mir sonst eine Geldbuße drohen könnte.
Zunächst war ich etwas verärgert, da ich seinen Ratschlag als Bevormundung interpretierte. In
mir war also nach der Sprache von Marshall B. Rosenberg („Gewaltfreie Kommunikation“) der
Wolf aktiv, der dem Gegenüber eher Negatives unterstellte. Ich antwortete: „Danke für den
Hinweis.“ Das meinte ich gemäss der „Wolfssprache“ ironisch. Während ich es sagte, änderte
sich jedoch meine Gefühlslage und damit auch meine Interpretation der Situation. Ich war dem
Mann dankbar für seinen Hinweis und unterstellte ihm mit wohlwollender Offenheit, dass er mir
tatsächlich ein evtl. wirklich drohendes Bußgeld ersparen wollte. Nach Rosenberg sprach aus
mir nun die Giraffe. Ich stieg vom Fahrrad und fühlte mich erleichtert über diese nun positive
Deutung der Situation."

2. "Eine andere vergleichbare Situation: 2004/2005 bediente ich als Verkäufer in einem Bioladen
eine Kundin mit einem englischsprachigen Akzent. Sie war jedoch mit meinen Hinweisen bzw.
unseren Produkten nicht zufrieden und meinte, ich würde „dummes Geschwätz“ von mir geben.
In den nächsten Wochen danach wurde sie nicht freundlicher, auch mit meinen KollegInnen
redete sie nicht freundlicher. Eines Tages kam mir der Gedanke, dass sie sich vielleicht unwohl
fühlte, in Deutschland immer auf Deutsch angeredet zu werden, während wir uns mit anderen
ausländischen KundInnen z.T. in ihrer Landessprache unterhielten. Also sprach ich sie auf
Englisch an. Zunächst reagierte sie wohl etwas irritiert und sagte, sie könnte gut Deutsch
sprechen. Dann ging sie aber auf mein Angebot ein und erklärte mir, dass sie ungern in
Deutschland lebte und sagte dazu „Sorry“. Ich antwortete: „Kein Problem.“ oder „Never mind.“
Zum Abschied wünschten wir uns gegenseitig ein schönes Wochenende. Sie war also
freundlicher zu mir als vorher. Auch hier gab es in mir einen Wechsel von der „Wolfssprache“
zur „Giraffensprache“ mit Empathie für ihre Situation."

3. "Im Sommer 2005 saß ich mit einer Gruppe von Radfahrern im Zug und ließ durchblicken,
dass ich schlecht gelaunt war, was aber nichts mit der Gruppe zu tun hatte. Zwei Radfahrer aus
der Gruppe waren dennoch freundlich zu mir. Ich nahm es zunächst nicht ernst und dachte, sie
wollten mich ein wenig auf den Arm nehmen. Dennoch antwortete ich nach außen hin
freundlich, meinte es innerlich eher ironisch - ich wahrte also zunächst eher den Schein. Dann
waren die beiden anderen jedoch weiterhin freundlich zu mir, und bei mir schmolz das Eis nach
und nach. Dann war meine freundliche Reaktion auch innerlich ernst gemeint. Also auch hier
der innere Prozess vom Wolf zur Giraffe."

Das sind alles keine spektakulär heroischen Erfahrungen, aber für mich Ansätze Gewaltfreier
Kommunikation.

(Achim Schmitz)

Der Mann, der den dritten Weltkrieg verhinderte

Vergessener Held
Der Mann, der den dritten Weltkrieg verhinderte

Atomraketen im Anflug: Im September 1983 erlebte Stanislaw Petrow den Alptraum. Die sowjetische Frühwarnzentrale meldete den Start amerikanischer Raketen. Die Apokalypse? Oder nur ein Fehlalarm? Dem Oberst blieben Minuten, um die wohl wichtigste Entscheidung des 20. Jahrhunderts zu treffen.

Vergessener Held: Der Mann, der den dritten Weltkrieg verhinderte


"Der Himmel", sagt Stanislaw Petrow, 70, Sohn eines sowjetischen Kampfpiloten, Oberst a.D. der Luftabwehrstreitkräfte, ein Weltenretter im Ruhestand, "der Himmel hält immer Überraschungen bereit." So wie damals, als der Himmel ihn zu täuschen versuchte, aber Petrow ihm auf die Schliche kam. Er hat sich nicht blenden lassen.

Es war 1983, der Kalte Krieg steuerte gerade auf seinen Höhepunkt zu. Die Sowjets hatten seit Mitte der siebziger Jahre mehr als 400 Raketen des Typs SS-20 "Saber" in Dienst gestellt, Spitzname: "Schrecken Europas". Zwei Drittel der modernen Raketen waren auf Westeuropa ausgerichtet, auf Ziele wie London, Paris, Bonn. Jede Rakete verfügte über eine Sprengkraft von bis zu einer Megatonne, 50-mal mehr als die 1945 über dem japanischen Nagasaki abgeworfene Atombombe "Fat Man".

Im Frühjahr 1983 berechneten Ärzte aus Ulm die Folgen eines Angriffs mit einer sowjetischen SS-20 auf ihre Stadt. Ihr Ergebnis: Im Bruchteil einer Sekunde würde über Ulm ein Feuerball von mehreren Hundert Metern Durchmesser entstehen. Die Innenstadt würde ausradiert, an der Stelle des gotischen Münsters ein Krater klaffen. Selbst im Umkreis von vier Kilometern Entfernung um die City würden Gebäude wie Kartenhäuser zusammenfallen. Die Bilanz einer einzigen Bombe: 123.000 Tote, 80.000 Schwerverletzte.

Moskau rechnete jederzeit mit einem Atomangriff 

Der Westen reagierte auf die SS-20-Bedrohung seinerseits mit Aufrüstung - und ließ in Europa Pershing-II-Raketen aufstellen: In Washington führte seit 1981 Ronald Reagan das Zepter, der 40. Präsident der USA wollte die Sowjetunion - das "Reich des Bösen" - in einem Wettrüsten in die Knie zwingen.

Die Stimmung war aufgeheizt, Moskau rechnete jederzeit mit einem Überraschungsangriff der USA, Sowjetführer Juri Andropow war überzeugt, Amerika plane den Erstschlag. Noch als Chef des sowjetischen Geheimdiensts hatte er deswegen Operation "RJAN" gestartet: Mitarbeiter der KGB-Residenturen spähten seit 1981 rund um die Uhr Regierungseinrichtungen in den Hauptstädten des Westens aus. Überstunden hochrangiger Beamter und nachts hell erleuchtete Bürofenster galten ebenso als Alarmzeichen wie ein erhöhtes Briefaufkommen bei der Post und massenhafte Einlagerung von Lebensmitteln. Es hätten Vorbereitungen für einen Angriff sein können.

Wo Oberst Petrow arbeitete - davon hatte seine Familie keine Ahnung. Frau Raissa und die beiden Kinder stellten nie Fragen. Am 25. September 1983 verabschiedeten sie Petrow, um 20 Uhr begann seine Schicht in Serpuchow-15. Der Ort, rund 90 Kilometer südlich von Moskau, war auf keiner frei erhältlichen Landkarte verzeichnet, eine geschlossene Stadt, errichtet um einen Stützpunkt der Streitkräfte der Luftverteidigung. Hier befand sich die Zentrale des satellitengestützen Raketenwarnsystems "Oko", hier diente Oberst Petrow.

Der Feind soll früher sterben - das ist die Logik des Kalten Krieges 

Obschon vom Rang Offizier, war Petrow selbst Zivilist, ein studierter Ingenieur. "Die Welt kann froh sein, dass ich in dieser Nacht das Kommando geführt habe - und kein dumpfer Militär", sagt Petrow heute. Vielleicht hätte ein Militär anders entschieden, streng nach Vorschrift, vermutlich falsch. Petrow dagegen vertraute seinem Gefühl.

Der Nutzen von Frühwarnsystemen wie "Oko" war damals begrenzt. Dessen Satelliten können einen bevorstehenden Nuklearschlag zwar rund zehn Minuten früher melden als die klassische Radarüberwachung, doch ihn verhindern, die Raketen abfangen, das konnte "Oko" nicht. Immerhin konnte man den vernichtenden Gegenschlag früher starten, als wenn man sich nur auf Radarüberwachung stützt, Dutzende Millionen Menschen auf der Seite des Feindes stürben dann wenige Minuten früher. In der Logik des Kalten Krieges ist das ein Fortschritt. 

Nachdem die Amerikaner als erste ein eigenes Frühwarnsystem in Betrieb genommen hatten, arbeiteten die Sowjets fieberhaft daran, den Rückstand wettzumachen. Ab 1972 wuchsen in Serpuchow-15 die Antennen von "Oko" in die Höhe, Petrow war von Anfang an dabei. Die Computerprogramme stammten von ihm, und auch das Handbuch zur Bedienung des neuen Systems. Für Petrow war es der Job, den er sich stets erträumt hatte. "Ich war so glücklich, als ich erfuhr, dass ich mit dem Kosmos zu tun haben würde." 

Sirenen künden vom Beginn der Apokalypse 

Doch an jenem 26. September verwandelte sich der Traum in einen Alptraum. Kurz vor Mitternacht jaulten die Sirenen, auf dem 30 Meter messenden Bildschirm vor Petrow leuchteten rote Buchstaben auf: START. Das System hatte den Abschuss einer Atomrakete von einer US-Basis registriert. Spionagesatellit Kosmos 1382, seit einem Jahr im All, meldete den Beginn der Apokalypse. 25 Minuten blieben bis zum Einschlag, irgendwo in Russland.

Im Kontrollzentrum Serpuchow-15 richteten sich die Augenpaare von 200 Mitarbeitern auf Oberst Petrow.

Dass ein Atomschlag stattfinden würde, schien damals nicht nur möglich, sondern sogar höchst wahrscheinlich. Russische Spione hatten kurz zuvor von einem geplanten Großmanöver der Nato erfahren. "Able Archer 83" sollte Ende November starten - und einen Atomkrieg simulieren. Den nervösen Machthabern in Moskau galt dies als Beweis westlicher Angriffsvorhaben. 

Wie nervös die Finger am Abzug waren, zeigte der Abschuss eines südkoreanisches Passagierjets Anfang September. Wohl versehentlich war Korean Airlines Flug 007 in russischen Luftraum eingedrungen. Moskau fackelte nicht lang und gab den Kampfpiloten den Angriffsbefehl, 269 Menschen starben.

Falscher Alarm oder totale Vernichtung?
Petrow jedoch bewahrte Ruhe. Er erhob sich von seinem Pult. Jeder seiner Untergebenen sollte ihn sehen. Er konnte jetzt keine Panik gebrauchen, er brüllte: "Hinsetzen! Weiterarbeiten!"

Petrow dachte in diesem Moment weder an die Millionen möglicher Opfer eines Nuklearkonflikts noch an seine Familie, er dachte an Teelöffel: Niemand löffelt einen Wassereimer langsam mit einem Teelöffel aus, sagte er sich leise, niemals würden die USA einzelne Raketen auf die UdSSR feuern. Ein nuklearer Angriff würde mit der Vernichtungskraft von Hunderten Raketen gleichzeitig erfolgen, so hatte er es gelernt. "Nur: Sicher war ich mir in dem Moment natürlich nicht", erinnert sich Petrow.

Dann rief er seinen Vorgesetzten an. "Es ist ein falscher Alarm", rapportierte Petrow. Die Leitung knisterte. "Verstanden." Als Petrow auflegte, jaulten die Sirenen erneut: Kosmos 1382 meldete den zweiten Raketenstart und wenig später den Anflug drei weiterer Raketen. Die Systeme in Serpuchow-15 liefen einwandfrei, sie melden keine Fehler. Petrow misstraute den Riesenrechnern, die in 16 Schränken leise schnurrten, dennoch: "Wir sind klüger als die Computer. Wir haben sie geschaffen."

750 Millionen Tote, 340 Millionen Verletzte - die Bilanz eines Atomkriegs 

Niemals war die Welt der atomaren Vernichtung näher als in dieser Nacht, sagt Bruce Blair, US-Abrüstungsexperte und heute Chef des World Security Institute. "Die oberste sowjetische Führung hätte, wenn sie über einen Angriff informiert worden wäre und da sie binnen Minuten einen Entschluss fällen musste, die Entscheidung für einen Vergeltungsangriff getroffen." Andropow, der damals bereits vom Krankenbett aus regierte, hätte wohl den "roten Knopf" gedrückt - und damit einen tatsächlichen Nuklearschlag der Amerikaner provoziert.


Der SPIEGEL berichtete 1983, was ein Atomkrieg für die Welt bedeuten würde: Rund 5000 Sprengköpfe würden über dichtbesiedelten Gebieten in Nordamerika, Europa und Asien niederregnen, 1124 Städte, praktisch alle Zentren mit mehr als 100.000 Einwohnern, würden ausgelöscht. Der Cambridge-Mediziner Hugh Middleton rechnete weltweit mit 750 Millionen Toten und 340 Millionen Verwundeten.
Doch dank Stanislaw Petrow kam es nicht dazu. Nach wenigen Minuten bestätigen die Radarsysteme seine Einschätzung. Es war ein Fehlalarm. Vermutlich täuschte ein von einer seltenen Wolkenformation reflektierter Sonnenstrahl das sowjetische Warnsystem, Satellit Kosmos 1382 deutete den Lichtblitz als Start einer Rakete.
Tadel von der eigenen Führung, Ehrung vom Klassenfeind
Oberst Petrow hat seiner Frau Raissa nie erzählt von jener Nacht und den fünf Raketenphantomen, der Vorfall unterlag der Geheimhaltung. Erst 1998 enthüllte ihn Generaloberst Juri Wotinzew, damals Petrows Vorgesetzter, in einem Interview. Raissa aber starb schon 1997 an Krebs.
Petrow wohnt jetzt in Frjasino, einem Vorort von Moskau. Er lebt zurückgezogen, einsam. Der alte Oberst hat einen Fetzen Firmament an die speckige Küchenwand gepinnt, er klebt gleich neben der alten Marienikone, eine Karte des Sternenhimmels. "Etwas ergreift mich noch immer", sagt Petrow, schlohweißes Haar, buschige Brauen, "wenn ich in den Kosmos schaue."
Petrow bekam damals für seine Heldentat keine Orden, sondern einen Tadel - weil er vergaß, seine Beobachtungen im Dienstbuch festzuhalten, während die Alarmsirenen schrillten. Die Ehrungen folgen erst später - vom einstigen Klassenfeind. Nach dem Bekanntwerden des Zwischenfalls sandten dankbare Westeuropäer und US-Bürger Fanpost ins Städtchen Frjasino. Eine Britin schickte ein Pfund Kaffee, ein Amerikaner einen Englischkurs - und Hollywoodstar Kevin Costner 500 Dollar. Petrow reiste nach New York, erhielt dort den "World Citizens Award".

"Der Mann, der die Welt rettete" nannten ihn die Zeitungen aus Übersee, und "Stan the Man". "Glauben Sie mir", sagt Petrow, "ich bin kein Held. Ich habe nur meine Arbeit getan." So sieht er es. Alle anderen wissen: Er hat die Menschheit vor einem nuklearen Inferno bewahrt.
© Christian O. Bruch/ laif
Benjamin Bidder/ SPIEGEL ONLINE
Mittwoch, 21.04.2010   18:14 Uhr

Leipzig 1989 – Friedliche Revolution, ein kommentierter Gütekraftbericht

Von Martin Arnold

Am 9. Oktober 1989 stießen in Leipzig 70.000 Menschen mit Gütekraft das Tor zur Überwindung der DDR-Diktatur auf.

Entscheidenden Einfluss hatte eine Kerngruppe, deren Beharrlichkeit gegen alle Widerstände den langsamen Aufbau eines starken Netzwerks ermöglicht hatte. (Hier kommen nur die wichtigsten Fakten des komplexen Geschehens zur Sprache.) Sie bildete sich seit 1982 aus denen, die das Friedensgebet in der evangelischen Nikolaikirche montags um 17 Uhr gestalteten, und wurde von Pfarrer Christian Führer, dem Gemeinderat und auch auf höherer kirchlicher Ebene gestützt und mit Mühe gegen staatliche Angriffe geschützt. Zur Bewusstseins- und Netzwerkbildung trugen u.a. Ökumenische Versammlungen mit ihrem Eintreten für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung und Impulse aus dem Ausland wesentlich bei.



In der ganzen DDR, auch in Leipzig, wurden Menschen in ihrer Meinungsfreiheit unterdrückt und außerdem Tausende von Ausreisewilligen gesellschaftlich total ausgegrenzt; viele waren empört, viele hatten resigniert. Sie gehörten damit in kirchlicher Wahrnehmung zu den „Mühseligen und Beladenen“, für die Jesus gekommen sei und um die sich daher die Kirche zu kümmern habe. Für beide Gruppen stellte die Nikolaikirche – „offen für alle“ – einen Raum offener Begegnung und des freien Gesprächs zur Verfügung. Da die Friedensgebete von den verschiedenen Gruppen gestaltet wurden, fanden auch die Inhalte dieser Gespräche einen kirchen-öffentlichen, sozusagen offiziellen Ausdruck.
Der freie Dialog auch über Politik und Gesellschaft für die Zukunft des Landes, den die DDR-Politik allgemein verhinderte, wurde im Friedensgebet so selbst in einem geschützten Raum quasi-öffentlich begonnen.

Das ist ein wichtiges Kennzeichen des gütekräftigen Vorgehens: Selbst zu beginnen und so die angestrebte Veränderung selbst bereits ansatzweise in Gang zu setzen ist stark. Es ist viel kraftvoller, als einfach nur Forderungen an andere zu richten. Denn es steckt an.

Bei dem Beten wurden bestimmte Grundsätze beachtet: Es soll als Wort der Versöhnung geschehen; keine bloßen Wirklichkeitsbeschreibungen, die in Ausweglosigkeit enden; ein Mindestmaß an Konstruktivität; keine Herabwürdigung von Personen – Gewaltfreiheit vermeidet auch verbale Gewalt; ungeschminkte, ehrliche Zeugnisse der Betroffenheit in Trauer und Wut ohne „die unerträgliche Ausgewogenheit vieler kirchlicher Verlautbarungen“; wahrheitsgemäßes Aufdecken von Unrecht.



All dies zu beachten ist typisch nicht nur für diesen christlichen Umgang mit Problemen, sondern auch allgemein für gütekräftiges Handeln.
So miteinander zu reden und solches Beten, vor allem, wenn es zur Gewohnheit wird, verändert Menschen, die nur noch empört oder hoffnungslos sind oder resigniert haben. Die Anliegen „vor Gott zu bringen“, entlastet von der Vorstellung, selbst alles machen zu müssen, entlastet von eigener Überforderung und ermöglicht Hoffnung durch die Befreiung zu realistischer Beurteilung der Lage, die ja immer zukunftsoffen ist. So veränderte Menschen fassten Vertrauen in die Zukunft anstatt in Wut oder in Angst zu versinken. Je mehr Menschen bewusst in diesem Geist zusammen sind und ihm Ausdruck geben, desto stärker werden Vertrauen, Mut und Hoffnung auf die Zukunft. 

Zwei Tage vor dem 9. Oktober feierte die DDR-Führung das 40jährige Bestehen dieses Staates und demonstrierte wie bereits an einigen Montagen zuvor Skrupellosigkeit, indem sie nicht nur auf Demonstrierende, sondern auch willkürlich auf Passanten, die zufällig vor der Nikolaikirche vorbeigingen, einprügeln und einige von ihnen einsperren ließ – offensichtlich zur Einschüchterung. Ihr war das Friedensgebet ein Dorn im Auge, zumal sich seit einiger Zeit regelmäßig nachher draußen immer mehr Menschen versammelten, öffentlich diskutierten und demonstrierten.
Am 9. Oktober sollte „dem Spuk ein Ende bereitet werden“. Polizei, Soldaten und Betriebskampfgruppen waren aufgestellt, 8000 Bewaffnete. Blutkonserven waren mengenweise in Leipziger Krankenhäusern bereitgestellt. (Wenige Monate zuvor hatte die Pekinger Führung auf dem Platz des Himmlischen Friedens die für Freiheit demonstrierenden Massen grausam umbringen lassen, die DDR-Regierung war einverstanden.) Betriebe, Kindergärten und Schulen schlossen an diesem Tag früher als sonst. Die Bevölkerung wurde davor gewarnt, am Nachmittag auf die Straße zu gehen. Die Kirche, die ganze Stadt stand unter Druck.



In dieser Situation äußerster Anspannung und geschürter Angst behielten viele Menschen dennoch das Vertrauen in die Zukunft und den Mut, die im Laufe von Wochen und Monaten im Zusammensein bei den Gebeten gewachsen waren. Das Praktizieren des offenen Dialogs und die Forderung des offenen Dialogs bei ausdrücklicher Ablehnung von Gewalt hatten Tausende inspiriert. Eltern, die trotz der Massenmord-Drohungen am Friedensgebet teilnahmen, sorgten für den Fall, dass sie nicht wieder nach Hause kommen würden, vor, wer dann für ihre Kinder sorgen würde. Die Nikolaikirche fasste schon vor dem 9. Oktober die Massen nicht mehr. Daher wurde gleichzeitig auch in anderen Kirchen für Frieden gebetet. Um am Entscheidungstag wirklich Interessierten möglichst wenig Platz zu lassen, kamen tausend SED-Funktionäre Stunden vor Beginn in die Nikolaikirche, Christian Führer sieht dies „als einen besonders humorvollen Schachzug Gottes“. Denn auch diese Nichtchristen hörten nun die gütekräftige Jesus-Botschaft von der Gewaltfreiheit – und auch sie hielten sich hinterher an die Bitte „Nehmt die Gewaltlosigkeit aus der Kirche mit hinaus auf die Straßen und Plätze!“ Christian Führer: „Straße und Kirche gehören zusammen!“ In den Kirchen war die Atmosphäre christlich-gütekräftig. Hier und im Rundfunk wurde ein „Aufruf der Sechs“ Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, darunter drei SED-Sekretäre, verlesen, die sich für den Dialog auch mit der Staatsführung – und damit gegen deren Gewalt-Maßnahmen - einsetzten. Nach dem Gebet strömten insgesamt 70.000 friedlich Demonstrierende, viele mit Kerzen in der Hand, auf den Leipziger Ring. Dort wurde schon Stunden zuvor ein illegal gedruckter „Appell“ zur Gewaltlosigkeit massenhaft verteilt – auch an die Bewaffneten. Provokationen wurden von den anderen Demonstrierenden niedergehalten.
Die politische Führung hatte nicht mit solchen Massen gerechnet und war „auf alles, nur nicht auf Kerzen und Gebete vorbereitet“. Es gab schließlich doch keinen Befehl zu Festnahmen oder zum Einsatz von Schlagstöcken oder Schusswaffen. Tiefe Verunsicherung führender Personen wurde damit auch unter diesen manifest. Sie wurde in den folgenden Wochen so stark, dass der Staat zusammenbrach.

Die Ereignisse belegen eindrücklich die große, ansteckende Kraft des gütekräftigen Vorgehens gegen Missstände, das von den Friedensgebeten ausging. 
Der Hintergrund für die Unterdrückung freier Meinungsäußerungen und für die Ausgrenzung Ausreisewilliger war, allen bewusst, der totalitäre Anspruch des Staates, der alle Lebensbereiche aller Staatsbürger und Staatsbürgerinnen beherrschen wollte. Dies war, Christian Führer sah es klar, der eigentliche Missstand. Unter ihm litten große Teile der Bevölkerung mehr oder weniger, sicherlich auch Mitglieder der Partei, in die viele aus beruflichen Gründen und nicht aus Überzeugung eingetreten waren. Die Berechtigung des Totalitätsanspruchs wurde durch Christinnen und Christen bestritten. Das freie Wort war ein Akt der Nichtzusammenarbeit mit dem Missstand. Eine Kirche, die dafür legal Raum bot, entfiel damit als Stütze des Systems. Zunächst nutzten diejenigen diesen Raum, die aus ihrem Nicht-einverstanden-sein schon persönliche, riskante Folgerungen gezogen hatten: protestierende Jugendliche und Ausreiseantragsteller*innen. Auch Menschen, die sich noch nicht entschieden hatten, wurden durch sie zur montäglichen Teilnahme angeregt. Das gütekräftig gestaltete Gebet und die offenen Gespräche, schließlich auch Demonstrationen (und Beiträge für das Westfernsehen, das die Vorgänge auch weit in der DDR bekannt machte) erwiesen sich als angemessene Medien zum ansteckenden gütekräftigen Umgang mit dem Missstand. Der „Aufruf der Sechs“ zeigt darüber hinaus: Michail Gorbatschows Moskauer Glasnost-Politik (Offenheit, Transparenz, Öffentlichkeit) und der Runde Tisch der polnischen Staatsführung mit der Solidarność-Bewegung ermutigten auch sozialistische Funktionäre in der DDR, politischen Dialog als sinnvoll anzusehen und folglich dem Missstand ‚totalitärer Staat‘ die Zusammenarbeit aufzukündigen. Der Konflikt war auf der SED-Führungsebene  angekommen. Zum gütekräftigen Vorgehen gehört bei größeren Missständen klassisch dazu, unter denen, die den Missstand aufrechterhalten, Widerspruch gegen ihn zu wecken und zu verstärken. 
Bei der Rosenkranzrevolution auf den Philippinen 1986 wurde methodisch reflektiert genau darauf systematisch hingearbeitet. Bei der Friedlichen Revolution in der DDR geschah die Verunsicherung der herrschenden Kreise, ohne dass die Unzufriedenen gezielt darauf hinarbeiteten. In Leipzig wirkte die Strahlkraft der Friedensgebete, der am 9. Oktober auch die tausend Funktionäre in St. Nikolai ausgesetzt waren. Sie rief nicht nur die Überzeugung von der Richtigkeit des Dialogs, sondern auch die innere Bereitschaft dazu hervor und mit ihr den tragenden Grund für den Verzicht auf Gewalt gegen Andersdenkende. Der Verzicht auf Gewalt bedeutete als Zeichen der Bereitschaft zum Dialog für die SED, als Partei den Anspruch auf alleinigen Wahrheitsbesitz aufzugeben. Damit entfiel die Rechtfertigung für den – notfalls mit Waffen durchzusetzenden –  Totalitätsanspruch. Dieser wurde nun, weil er dem Dialog im Wege stand, für alle als Missstand erkennbar. Das war die revolutionäre Botschaft, die von Leipzig ausgehend das empfangsbereite Land elektrisierte und unabweisbar auch sämtliche Führungsebenen erreichte. Nahezu im ganzen Land wurde sie an den folgenden Montagen von Hunderttausenden verstärkt. Was bedeutete dies für diejenigen, die vor allem aus jenem Wahrheitsanspruch ihr Selbstverständnis und ihren Auftrag als Regierende herleiteten? Die Botschaft von der Notwendigkeit des Dialogs war so stark, dass es für sie nur noch eine Frage der Zeit war, abzutreten.
Christian Führer leitete aus den Erfahrungen mit Nichtchrist*innen bei diesen Vorgängen die Forderung einer „Ökumene mit Atheisten“ ab. 
Unter Gütekraft-Aspekten betrachtet steckt darin die Frage, warum Nichtchrist*innen bis hin zu hohen sozialistischen Funktionären schließlich mitmachten. Führer sieht darin das Wirken Gottes, teils ohne dass sie ahnen, Gottes Werkzeuge zu sein (wie Kyros [Jes. 45,1] und Gorbatschow), teils indem sie von der biblischen Botschaft berührt wurden. Es ist das Wirken „einer einzigartigen Kraft, die die friedliche Revolution gelingen ließ“ (Führer). Diese Sicht ist gut vereinbar mit der allgemeineren Antwort, die der Vergleich mit anderen Vorgängen weltweit nahelegt: 
Die Fähigkeit zu gütekräftigem Handeln ist dem Menschen angeboren wie die Sprache: So wie wir sprechen lernen können, sind auch alle Menschen in der Lage, Gutes zu tun. Dies beruht auf der naturgegebenen Verbundenheit aller Menschen miteinander (biblisch: der Mensch ist Gottes Ebenbild, vgl. das Verhalten des ‚ungläubigen‘ barmherzigen Samariters). Diese Verbundenheit bringt die Neigung mit sich, allen mit Wohlwollen und Gerechtigkeit sowie mit Einfühlung und der Bereitschaft zu gemeinsamem Handeln zu begegnen (Gütekraft-Potenz). Darum entsteht in Menschen, die wahrnehmen, dass jemand dabei tätig ist, Unterdrückung, Unrecht oder Unmenschlichkeit abzubauen, ein inneres Mitschwingen und ein Impuls mitzumachen. Ob sie es tun, hängt von weiteren Faktoren ab. Wir spüren jedoch alle zumindest unbewusst, dass der Einsatz für Menschlichkeit, Gerechtigkeit und Freiheit zu unserem Menschsein gehört, und sind deshalb grundsätzlich bereit, uns zum Gutestun anstecken zu lassen. Darum ist möglich, was Paulus (Röm. 12,21) empfiehlt: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde Böses mit Gutem“. Und darum beschreibt der Koran (Sure 41, [33. 34] 35) eine Wirklichkeit: „Gutes und Böses ist nicht einerlei; darum wende das Böse durch Gutes ab, dann wird selbst dein Feind dir zum echten Freund werden.“ Es muss nicht immer ein persönlicher Freund werden, es kann auch ein Mitstreiter gegen Unterdrückung werden, der vorher das System unterstützte. Wenn viele sich anstecken lassen, können so auch Strukturen geändert werden. Dies geschieht – geplant oder ungeplant – dadurch, dass immer mehr von denjenigen Personen, die eine ungerechte Struktur aufrechterhalten, zur Nichtzusammenarbeit übergehen – bis die Struktur kippt. Wichtig ist, frühzeitig die besseren Möglichkeiten zu entwerfen und im Ansatz bereits zu verwirklichen.


Quellen:
- Führer, Christian (2009): Und wir sind dabei gewesen. Die Revolution, die aus der Kirche kam. Berlin: Ullstein.
- Führer, Christian (2014): Frech - fromm - frei. Worte, die Geschichte schrieben.
Leipzig: Evang. Verl.-Anst.
- Mündliche Berichte von Augenzeugen in Leipzig.
- Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung e.V. – Vorstand (Hg.) (2008): Bericht über das Kolloquium 2008…: Wissenschaftlicher Kongress „Frieden mit dem Unfrieden? Wissensbestände im Wandel“, 29.2.2008 bis 2.3.2008, Leipzig. Online: http://www.afk-web.de/fileadmin/afk-web.de/data/zentral/dokumente/tagungsberichte/AFK-Tagung-2008_Koll_Frieden-mit-dem-Unfrieden.pdf , S. 19-24 [Zugriff 21.09.2014].
- Wikipedia-Artikel zu: Ökumenische Versammlung, Friedliche Revolution, Montagsdemonstrationen [Zugriff 21.09.2014].
- Bürger, Eberhard (2013): Kirche des Friedens werden – Aufbrüche im Bereich der ehemaligen DDR. Eine persönliche Studie zum 25. Jahr der friedlichen Revolution im Jahr 2014. Hg. Deutscher Zweig des International Fellowship of Reconciliation – Versöhnungsbund e.V. ISBN 978-3-00-042460-1