Sogar die Wächter in Ravensbrück kannten Elizabeth Pilinko unter dem Namen „die wunderbare russische Nonne“. Niemand konnte leugnen, dass sie das gewisse Etwas hatte.
Sie gehörte einer wohlhabenden Familie in Südrussland an und hatte an der Frauenuniversität studiert. Danach unterrichtete sie an der Abendschule einer Fabrik. Nach der Oktoberrevolution 1917 setzte sie ihr Leben dafür ein, Terror-Opfer zu retten. Sie tat als Bürgermeisterin ihrer Heimatstadt Dienst und setzte sich sehr für gute Beziehungen zwischen Kommunisten und Antikommunisten ein. Dadurch geriet sie in Schwierigkeiten. Ein Prozess fand statt, aber irgendwie kam sie davon. Schließlich war sie die Grausamkeiten beider Seiten leid und floh nach Paris. Dort trat sie einem religiösen Orden bei. Unter dem neuen Namen „Mutter Maria“ stürzte sie sich in die Arbeit, den Allerärmsten zu helfen.
Sie trug ausrangierte Männerschuhe und ging, einen Sack auf dem Rücken, durch die Stadt, um Nahrungsmittel zu sammeln, die sie in den schmutzigen Bruchbuden am Seineufer verteilte. Außerdem tat sie für russische Flüchtlinge, was sie nur konnte, besonders für die geisteskranken. Schließlich übernahm sie ein Haus und richtete darin eine Heimstätte für Verzweifelte ein. Als die deutschen Truppen Paris besetzten, versteckte sie verfolgte Juden in den Mauern ihres „Hospitals“.
Kurz darauf wurde sie von der Gestapo gestellt und in das berüchtigte Konzentrationslager in Polen befördert. Das war ihre letzte Prüfung auf dieser Erde. Dort stand ein erst kurz zuvor errichtetes Gebäude.
Die Beamten hatten erklärt, dass es nur ein Badehaus sei. Aber Elizabeth wusste es besser.
Einige Dutzend Frauen wurden in einer Reihe aufgestellt. Es konnte kein Zweifel mehr daran herrschen, wozu das führen sollte. Sie sollten alle durch diese finsteren Tore gehen und sie würden nicht mehr herauskommen. Eine der Frauen, sie war noch sehr jung, brach zusammen. Obwohl Elizabeth nicht auf der Liste stand, ging sie zu der verzweifelten Mitgefangenen und sagte: „Du hast große Angst. Sieh mal, ich will deinen Platz einnehmen.“ Dann ging sie mit den anderen in die Gaskammer.
Seltsamerweise war es Karfreitag 1945.
Aus dem Buch:
Instead of cowardice or hate
COURAGE IN BOTH HANDS
Dramatic stories of real men and women who accomplished more than they believed they could
Allan A. Hunter
Copyright © 1962 by Allan A. Hunter Printed in the United States of America
BALLANTINE BOOKS, INC.
101 Fifth Avenue New York 3, N. Y.
Ereignisse, in denen Gütekraft, Kraft der Gewaltfreiheit, eine Rolle spielte – mehr dazu: www.martin-arnold.eu Dies sind keine Rezepte, nicht zum Nachmachen! Gütekräftiges Handeln im Konflikt heißt, mit einem Aggressor eine Verbindung herzustellen, die ihn an seine Menschlichkeit erinnert. So können Wunder geschehen. Wo das nicht der Fall ist, soll aber keinesfalls Opfern die Verantwortung für das Erlittene zugeschrieben werden.
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