Freitag Abend, die Jugendkneipe des Brückenhaus e.V. ist wieder gut voll. Von Ehrenamtlichen wurde sie eingerichtet und jetzt betrieben, die hier in zwei Stadtteilen zusammen mit dem Sozialarbeiter sowohl mit ausländischen als auch mit rechtsorientierten Jugendlichen arbeiten. Gerade letztere treffen sich ganz gerne hier. Schon öfter mal kam es da zu einzelnen Zwischenfällen verschiedener Art; doch verliefen sie zumeist glimpflich. Aber so gespannt wie an diesem Freitag abend war es noch nie.
Vor dem Haus hatten sich 40 Leute versammelt - sogenannte Linke. Sie waren zum Teil vermummt, trugen einige Stangen und Schläger bei sich, die sie einem Metallzaun entwendet hatten; und auch das Gerücht ging um, sie hätten Molotow-Cocktails dabei. Sogleich waren die Jungs in der Kneipe in Alarmbereitschaft. Sie bedienten sich bei einem nahegelegenen Container und versorgten sich mit allerlei Metallbrocken als Bewaffnung. Die Stimmung war geladen.
Da griffen die anwesenden Ehrenamtlichen ein. In guter und schneller Reaktion baten sie zunächst alle "ihre" Leute, wieder ins Haus zu kommen; ein breitschultriger stellte sich dann in die Türe, um sie zu versperren. Damit war schon mal eine erste Konfron-tationsmöglichkeit verhindert, indem die Gruppen ganz klar getrennt waren.
Nun wagte es einer der Ehrenamtlichen und ging hinaus direkt auf die Gruppe der Linken zu:
"Ich bin der Vertreter des Brückenhaus e.V.; und wer ist Euer Vertreter?"
Das überraschte; das lehnten sie erst mal ab:
"Nein, wir haben keinen Vertreter; das brauchen wir doch nicht."
Nach einigem zögerlichen Überlegen gab es dann doch einen. Nun war eine Grundlage für eine erste Diskussion geschaffen.
"Wißt Ihr, was das Brückenhaus ist und was wir da machen?", fragte der Ehrenamtliche aus der Kneipe.
"Ja", antwortete die andere Seite sehr schnell. "Ihr habt da die Faschos drin; und also seid ihr auch für die."
Erst später wurde uns nochmal deutlich, daß dies die allgemeine Überzeugung bei den Linken bzw. Autonomen des Stadtteils war, obwohl wir im Rahmen unserer akzeptierenden Jugendarbeit sicher ganz anderes machen. Unser Standpunkt ist politisch gerade nicht rechts.
Nach einigem Wortwechsel dieser Art wurde die Situation allerdings noch einmal verschärft. Ein paar Jugendliche, die in die Kneipe wollten, kamen von außerhalb dazu. Sie waren nun als neue Gruppe da draußen. Und nun wollte einer von den Linken rein ins Haus und mit denen drin diskutieren. Allerdings waren nun schon einige ausfällige Attacken verbaler Art zu hören. Ob das gut geht?
Es war wohl auch eine gute Portion Glück, daß nichts ernsthaftes passierte. Denn nach einiger Zeit kamen nun doch etwa 10 der Linken in die Kneipe; die anderen hatten sich inzwischen verzogen. Und auch hier reagierten die ehrenamtlichen Mitarbeiter wieder sehr geschickt: Mit Eimern gingen sie herum und sammelten vor dem Zusammenkommen auf beiden Seiten alle Waffen ein.
Im Folgenden blieb es ruhig, wenn auch mit heftigen Diskussionen. Am Ende stand die Vereinbarung, sich in den nächsten Tagen noch einmal zu einer geordneten Diskussion zu treffen, an der auch türkische Jugendliche teilnehmen sollten. Sie fand statt - und war ein voller Erfolg!
(Quelle: Martin Lempp, Kirchheim/Teck)