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Donnerstag

Mitten im Kampf

Don war klein für sein Alter. Deshalb fühlte er die besondere Verpflichtung zu beweisen, was für ein harter Kerl er war. Dieser innere Zwang veranlasste ihn dazu, sich in recht viele Faustkämpfe einzulassen. Mitten in einem dieser Kämpfe, noch dazu mit einem besonders gehassten Rivalen und als er schon am Gewinnen war, überkam ihn ein seltsames Gefühl, das er nicht einordnen konnte. Es war weder Angst noch Hass. Er wusste genau, dass er dem Gegner nur noch näher zu rücken und ihm noch ein paar kräftige Schläge zu verpassen brauchte, um den Kampf zu gewinnen.
Aber das konnte er nicht. Er selbst drückt es später so aus: „Ich sah plötzlich im Gesicht des anderen dieselbe Angst und Erschöpfung, die ich gefühlt hatte, wenn ich verdroschen worden war. Dieser Anblick hinderte mich darin, ihn noch weiter zu schlagen. Natürlich sah er nicht dasselbe wie ich. Also schlug er mich k..o. Aber danach wurden wir Freunde und ich musste mich seitdem nie wieder mit jemandem schlagen.“

Danach führte Don ein konstruktives Leben. Er kam in die deutsche Stadt Kassel, wenige Kilometer von der Grenze nach Ostdeutschland entfernt. An seinem vierundzwanzigsten Geburtstag war er so damit beschäftigt, Maurerarbeit an einem Gemeindezentrum zu verrichten, dass er vollständig vergaß, dass die Familie, in der er lebte, ein Fest für ihn geben wollte. Am Abend – er hatte vierzehn Stunden lang gemauert – bat ihn ein deutscher Sporttrainer, einige Sportgeräte zu transportieren. Don benutzte dafür einen Lastwagen, den ihm die amerikanische Armee geliehen hatte. Es regnete. Die Räder mussten aus dem Schlamm gegraben werden. Als er zurückkam, war es drei Uhr morgens. Aber noch war der Fußboden des Saales nicht gestrichen und er hatte versprochen, ihn zu streichen. Das dauerte bis zum Frühstück. Im Rückblick meinte er, dies sei so etwa der glücklichste Geburtstag gewesen, den man überhaupt hätte feiern können.

Das Jahr darauf stürzte sich Don in eine noch aufreibendere Arbeit: Im Hafenviertel von Neapel, wo die Kriminalität die Polizei überforderte und 5 000 Flüchtlinge aus Russland, der Tschechoslowakei und anderen Ländern gemeinsam mit in Not geratenen Italienern – alle ohne Arbeit und ohne die notwendige Kontrolle – darum kämpften, irgendwie in Höhlen und in den Ruinen eines von der deutschen Armee im Zweiten Weltkrieg zerbombten Gebäudes ihre Existenz zu fristen. Gemeinsam mit fünf jungen Bandenchefs, die Don wegen seiner Härte schätzten, baute er einen Jungenklub auf, der bald mehr als hundert Mitglieder hatte. Zur Unterhaltung der Jugendlichen schrieb er kleine Theaterstücke, in denen sie mitspielen konnten, und führte dabei Regie. Er hielt auch Basare ab, in denen sie von ihnen produzierten Lederarbeiten verkaufen konnten. Ein Ergebnis seiner Arbeit war, dass viele, die dem Kommunismus zugeneigt gewesen waren, sich nun für mehr Demokratie engagierten.

Als er noch in Deutschland gewesen war, hatte er bei einigen Kurzstreckenläufen einen guten Platz belegt. Aber nun hatte er infolge einer Blinddarmoperation, auf die eine Hepatitis gefolgt war, fast 15 kg Untergewicht. Dieses Martyrium hatte ihn fast das Leben gekostet.
Da die zwei Jahre seines Friedensdienstes als Kriegsdienstverweigerer um waren, hätte er nach Hause fahren können, um sich zu erholen. Aber trotz seiner Erschöpfung blieb er weitere sechs Monate, um die Grundlagen für einen Traum zu legen.

Er kehrte in die USA zurück und wurde ein Hollywoodstar, der zusammen mit Marilyn Monroe vor der Kamera stand, und er arbeitete gleichzeitig weiter an seiner Idee. Aus ihr wurde ein gut gehendes Unternehmen auf einer Insel vor der italienischen Küste. Die Vereinten Nationen sind daran beteiligt. Jedoch halten vor allem Dons Filmeinnahmen und seine Begeisterung das Projekt in Gang. Auf den 60 Hektar guten Bodens trifft er, wenn er sich mal eine Woche von den Dreharbeiten freimachen kann, 14 oder mehr seiner alten Freunde, die nun keine „displaced persons“ mehr sind, und genießt mit ihnen ihre Freiheit, in der sie gleichzeitig mit Weizen, Orangen, Artischocken, Kühen und Schweinen auch ihre Selbstachtung pflegen. Dies ist, meint Don, „die beste und modernste Hühnerfarm auf Sardinien.“



Aus dem Buch: 
Instead of cowardice or hate
COURAGE IN BOTH HANDS
Dramatic stories of real men and women who accomplished more than they believed they could
Allan A. Hunter
Copyright © 1962 by Allan A. Hunter Printed in the United States of America
BALLANTINE BOOKS, INC.
101 Fifth Avenue New York 3, N. Y.