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„Gütekraft und Glauben“ - Bericht über ein Gruppengespräch

„Gütekraft und Glauben“
Bericht über ein Gruppengespräch von Quäkern nach Gütekraft-Referat von Martin Arnold
Langenburg, im Mai 2000

Zunächst gingen wir auf das Impulsreferat von Martin Arnold ein, in dem jeder aussprach, was ihm persönlich aus diesem Referat bemerkenswert war. Hier einige Gedanken aus dieser Gesprächsrunde:
- Die Menschheit steckt große Anstrengungen in Konflikte und deren meist mit Gewalt verbundenen Lösungen. Wir sollten lieber unsere Kraft darauf verwenden zu erforschen, wie wir durch gewaltfreie Aktionen solchen Konflikten begegnen können, ja sie erst gar nicht entstehen.
- Zwischen den Konfliktpartnern kann eine Beziehung hergestellt werden, mit Martin Bubers Worten ausgedrückt ein „Zwischenmensch“ entstehen.
- Vorraussetzung für eine gütekräftige Konfliktlösung ist eine Haltung, die positive Energie beinhaltet, die uns fähig macht, mitzutragen, mitzuleiden, Risiko auf sich zu nehmen. Das daraus resultierende Verhalten hat eine verändernde Kraft auch ohne Garantie auf Erfolg
- Diese grundlegende Haltung ist nicht ohne Gewissen oder Glauben möglich; ein Glaube, zu wissen, nicht allein zu sein, daß etwas da, in uns ist, das wahr und richtig ist, alles weiß und uns spüren läßt, ob man richtig handelt.
- Diese Haltung bewahrt vor lähmender Angst, macht uns fähig mit Kreativität und Phantasie weitere Möglichkeiten zu finden für einen überraschenden Ausweg aus der Konfliktsituation. Das Wissen „es gibt immer noch eine andere Möglichkeit“ hilft!
- Gütekräftiges Handeln ist keine Ausnahme, sondern eine permanente Möglichkeit im Alltag dem Anderen zu begegnen.
- Letztendlich bleibt aber der Erfolg den Anderen mit meiner Gütekraft zu erreichen ein Geschenk – „der Geist weht wo er will“.

Schon in diesem ersten Gesprächsabschnitt wurde uns deutlich, wie vielschichtig wir den für uns zum größten Teil neuen Begriff „Gütekraft“ betrachteten.
Im Weiteren versuchten alle Teilnehmer bei sich nachzuspüren, ob es Erlebnisse gab, in denen „Gütekraft“ zugegen war:
- Eine Freundin berichtete:“ Wenn ich aus dem Meeting kam, waren alle so nett zu mir. Ich erkannte, es waren nicht die Anderen, sondern ich hatte aus dem Meeting etwas mitnehmen können, das den Anderen in einer besonderen Weise ansprach, ohne daß ich mich besonders anstrengen mußte. Es ist eine „himmlische Gütekraft“ oder auch „göttliche Kraft“ die unzerstörbar ist, im Gegensatz zur berechnenden „äußeren Kraft“ (=unsere Zivilisation)“
Auch wenn unserer Meinung nach gütekräftiges Handeln zugegen war, bleibt eine für uns positive Konfliktlösung ein Geschenk und an den folgenden Beispielen mit „Nicht-Erfolg“ haben wir viele Aspekte der Gütekraft herausarbeiten können.
- Eine wirklich ehrlich gemeinte Bitte um Verzeihung wurde nicht angenommen sondern niederschmetternd, ja verletzend abgewehrt.
- Einer anderen Freundin blieb der Zugang zur Konfliktpartnerin, trotz mehrerer Bemühungen, zunächst gänzlich verwehrt.
Dazu kamen uns folgende Gedanken:
- Jemandem verzeihen können heißt nicht, daß der Andere die Verzeihung auch annehmen kann.
- Wir müssen Geduld haben, „den Geist wehen lassen“, der Erfolg ist ein Geschenk und nicht programmierbar
- Wir können versuchen uns zurückzunehmen, uns auf eine „andere Stufe zu stellen“, das heißt versuchen eine andere Möglichkeit zu finden, bzw. dem Anderen auf einer anderen Ebene begegnen.
- Wir müssen lernen den Anderen in seiner Wahrheit erst einmal anzunehmen
- Güte kraft läßt sich mit reiner, unberechnender Liebe beschreiben, die spontan und gewaltlos ist und durch mich wirken kann
In unserem Gespräch wurde auch klar, daß es gerade kleine, oft im Verborgenen bleibende, Handlungen sind, die von Gütekraft Beispiel geben:
- ein verschenkter Fahrschein, der zu einem unerwarteten Augenleuchten bei der beschenkten Obdachlosen führte
- eine positive, offene Einstellung und ein freundliches Begegnen meines Gegenübers von dem ich weiß, daß er wütend auf mich ist, nimmt ihm den Wind aus den Segeln und gibt ihm die Möglichkeit mir ohne Abwehr zu begegnen.
- Kinder sind direkt und klar und handeln noch spontan gütekräftig

Das eigentliche Thema der Gesprächsrunde streiften wir immer wieder und gingen dann konkret darauf ein mit den Fragen einer Freundin: “Wie kann ich einen Gott ertragen, der einen Holocaust zuläßt?, der soviel Gewalt zuläßt?- wird „Glauben“ dadurch nicht fragwürdig?“
Zusammenfassend lassen sich unsere Überlegungen wie folgt darstellen: Wir haben die Freiheit der Entscheidung bekommen und müssen mit allen Konsequenzen leben, dürfen Gott aber nicht dafür verantwortlich machen. „Das von Gott“ ist im Opfer und im Täter, aber nicht automatisch in jedem lebendig.
Wenn wir die Kraft in uns wirken lassen, kann „Gutes heraufkommen“ und wird „Schlechtes heruntergedrückt“. Diese Kraft ist immer wieder neu erfahrbar, läßt uns Eins-Sein mit der Quelle und gibt uns ein Vertrauen des Getragenseins; das bedarf keiner bestimmten Religion.
Aus diesem Vertrauen, aus dieser Liebe, die ich erfahren habe, kann ich gütekräftiges Handeln entwickeln und ich empfinde bei der Rückbesinnung auf diese Geborgenheit ein großes Maß an Dankbarkeit. Auch wenn ich mich der Quelle nur annähern kann, sie nicht beim Namen nennen kann, gibt mir dieses Bewußtsein seine große Kraft. Kraft für reine und spontane Liebe zu meinem Nächsten, wie auch zu mir. Diese Liebe ist ohne Besitzansprüche und ohne Kopfbeteiligung sondern ganz aus der Quelle genähft. Tägliche Besinnung, Andacht und Meditation kann wie eine „Ladestation unserer Batterie“ sein, die Liebe und Gütekraft spendet.

Charlotte Haake (Quäkergruppe Stuttgart)

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